Entscheidungsstichwort (Thema)
Facharbeiter. Berufsschutz. zweijährige Ausbildung. Prüfung in den Prüfungsausschuss der IHK. Klebeabdichter/Bauwerksabdichter. Facharbeiterlohn. Pförtner. Poststellenmitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung. Registrator. Telefonist. Hauswart. Bauabrechner. Lagerverwalter. Gesetzliche Rentenversicherung
Orientierungssatz
1. Zur Feststellung der Verweisungsmöglichkeiten auf andere Tätigkeiten gemäß § 240 Abs. 2 S. 2 SGB VI sind in der Rechtsprechung des BSG die Arbeiter- und Angestelltenberufe in Gruppen eingeteilt worden (Mehrstufenschema). Sozial zumutbar ist grundsätzlich die Verweisung auf eine Tätigkeit, die als eine Stufe unter der Stufe, welcher der bisherige Beruf zugehörig ist, einzuordnen ist.
2. Ein gelernter Klebeabdichter, der in den Prüfungsausschuss der IHK für den Beruf des Klebeabdichters/Bauwerkabdichter berufen wurde, ist in den Bereich der Facharbeiter einzuordnen.
3. Die Einstufung als Facharbeiter schließt die Verweisungsmöglichkeit auf eine Tätigkeit als Pförtner von vornherein aus.
4. Ein Facharbeiter, der über keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Personalcomputern bzw mit bürotechnischen Tätigkeiten verfügt, kann auf Tätigkeiten als Registrator bzw Poststellenmitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen nach BAT VIII nicht verwiesen werden.
5. Ein Facharbeiter muss sich nicht auf die Tätigkeit als Telefonist verweisen lassen, da diese Tätigkeit ohne jegliche Vorkenntnisse innerhalb von weniger als drei Monaten zu erlernen ist und daher die dritte Stufe des Mehrstufenschemas nicht erreicht.
6. Allgemeinen Hinweise auf die Tätigkeit eines Hauswarts, eines Bauabrechners oder eines Lagerverwalters genügen nicht für die Benennung einer Verweisungstätigkeit. Erforderlich ist vielmehr die Benennung eines typischen Arbeitsplatzes mit der üblichen Berufsbezeichnung. Mithin sind eine typisierende Arbeitsplatzbeschreibung über den tatsächlichen Umfang der Anforderungen und den Arbeitsablauf sowie typische Belastungssituationen zu Grunde zu legen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2005 wird unter der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2002 verpflichtet wird, dem Kläger ab dem 01. Dezember 2001 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte erstattet dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren in vollem Umfang.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1953 geborene Kläger war langjährig als Klebeabdichter beschäftigt. Eine zunächst begonnene Ausbildung brach der Kläger ab, legte aber 1987 auf dem zweiten Bildungsweg die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Klebeabdichter erfolgreich ab. Zu dieser Zeit setzte dieser Ausbildungsgang eine zweijährige Ausbildungsdauer voraus; später wurde daraus der Beruf des Bauwerkabdichters, der seit dem 01. August 1997 eine dreijährige Ausbildungsdauer erfordert. Mit Wirkung vom 01. März 1999 wurde der Kläger von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin zum Mitglied des Prüfungsausschusses für den Ausbildungsberuf des /der Klebeabdichters (in)/Bauwerksabdichters (in) berufen.
In der Zeit vom 02. Juli 1984 bis zum 31. August 2000 war er als Klebeabdichter und Vorarbeiter bei der Fa. R AG beschäftigt. Danach war er bis zum 31. August 2001 bei der Fa. H Dachbau GmbH mit allen anfallenden Dacharbeiten beschäftigt. Nach den Arbeitgeberauskünften handelte es sich dabei um Tätigkeiten, die von Facharbeitern mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung verrichtet werden. Die Entlohnung erfolgte als Facharbeiter. Seit dem 07. August 2001 war der Kläger arbeitsunfähig krank und bezog im Anschluss an die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Krankengeld. Nach der Aussteuerung bezog er Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosengeld II.
Am 12. Dezember 2001 beantragte der Kläger eine Versichertenrente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. M vom 30. Januar 2002 ein, der ein LWS-Syndrom mit Stenose des Spinalkanals (M54.5, M48.0) diagnostizierte und einschätzte, der Kläger könne seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben. Für den letzten Beruf als Klebeabdichter bestehe nur noch ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich. Er könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg ohne Zwangshaltungen und ohne den Einfluss von Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen für sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Weiter lag der Beklagten ein Gutachten des MDK vom 05. Februar 2002 vor.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Nach den medizinischen Feststellungen bestehe noch ein vollsch...