Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente. Systementscheidung. Beitragsbemessungsgrenze Ost. Rentenzuschlag. Vergleichsberechnung. Höhe einer großen Witwenrente mit Beitragszeiten im Beitrittsgebiet. Hinterbliebenenrente. Beitrittsgebiet. Freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Arbeitsentgelt. Entgeltpunkte. Eigene Versichertenrente. Anhörung. Rückforderung. Besitzschutz. Übergangszuschlag. Anerkenntnis. Teilvergleich. Einigungsvertrag. Rentenanpassungsmitteilung. Vertrauensschutz. Klageerweiterung. Aussetzung des Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen einer Klageänderung vorliegen und die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage wie durchgeführtes Vorverfahren und Zuständigkeit des Gerichts gegeben sind.
2. Die Vorschriften der ehemaligen DDR über die Berechnung der Rente der Sozialpflichtversicherung einschließlich der FZR nach §§ 3 ff. der Verordnung über die Gewährung und Berechnung der Renten der Sozialpflichtversicherung vom 23.11.1979 (Renten-VO; GBl. I Nr. 38 S. 401) und die Vorschriften über die Berechnung der Zusatzversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats bzw. der SED/PDS galten nur bis zum 31.12.1991.
Orientierungssatz
1. Die Berechnung einer großen Witwenrente für die Zeit ab 1992 (hier: Dezember 1994) mit Beitragszeiten im Beitrittsgebiet richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des SGB 6 (insbesondere § 256a) und des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG); weder die Vorschriften der DDR über die Berechnung der Rente der Sozialpflichtversicherung einschließlich der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) noch über die Berechnung der Zusatzversorgung für bestimmte hauptamtliche Mitarbeiter sind anzuwenden.
2. Die Regelungen des Einigungsvertrages, wonach alle in der DDR erworbenen Versorgungsanwartschaften einschließlich derjenigen aus der FZR und der Zusatz- und Sonderversorgung durch entsprechende Rechte, Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB 6 ersetzt worden sind (Systementscheidung) sind verfassungsgemäß und verstoßen nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Auch eine Vergleichsberechnung nach § 307b SGB 6 kommt bei Renten, die nach dem 31.12.1991 beginnen, nicht in Betracht.
3. Eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG scheidet aus, wenn Versorgungsanwartschaften aus einer Zusatzversorgung in die FZR überführt worden sind.
4. Bei einer Rente auf Grund von DDR-Beitragszeiten, die nach dem 31.12.1993 beginnt, gibt es schließlich keinen Rentenzuschlag nach § 319a SGB 6 und keinen Übergangszuschlag nach § 319b SGB 6.
Normenkette
SGB VI §§ 97, 319a, 319b, 307b Abs. 3, §§ 228a, 256a, 259b, 260, 106a, 46 Abs. 2, §§ 64, 77 Abs. 1, §§ 67, 70; AAÜG § 4 Abs. 4; SGB X §§ 24, 50 Abs. 1, § 45 Abs. 1-2, § 44 Abs. 4; SGG §§ 96, 99, 123, 153, 78; BVerfGG § 79 Abs. 2; GG Art. 100
Tenor
Die Beklagte wird ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, den Bescheid vom 19. August 1996 insoweit aufzuheben, als mit diesem der Bescheid vom 20. Juli 1996 wegen des geänderten Einkommens der Klägerin mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und ein Betrag von 1.176,12 DM zurückgefordert worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2007 wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt ein Fünftel der Kosten der Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der der Klägerin gewährten Hinterbliebenenrente.
Die 1934 geborene Klägerin, die ebenso wie ihr Ehemann, der verstorbene Versicherte B D, ihr Versicherungsleben im Beitrittsgebiet zurückgelegt hatte, gehörte ab dem 01. Januar 1974 bis zum 14. Juni 1978 der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (Anlage 1 Nr. 19 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes ≪AAÜG≫) und vom 15. Juni 1978 bis zum 30. Juni 1990 der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS (Anlage 1 Nr. 27 AAÜG) an. Ab dem 01. August 1990 bezog sie zunächst eine Invalidenrente in Höhe von 461,00 DM aus der Sozialpflichtversicherung der DDR sowie eine Zusatzinvalidenrente aus der Altersversorgung der Partei in Höhe von 475,00 DM. Ihre Invalidenrente wurde aufgrund des ab dem 01. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts (Sozialgesetzbuch Sechstes Buch ≪SGB VI≫) umgewertet und angepasst und als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 611,01 DM weiter gezahlt. Nach Erlass der Entgeltbescheide vom 11. August 1995 und 09. Mai 1996 über die während der Zeiten der Zugehörigkeit zu den Zusatzversorgungssystemen erzielten Arbeitsentgelte durch die zuständigen Zusatzversorgungsträger berechnete die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 18. Juli 1996 neu. Auf der Grundlage von nunmehr 29,5505 Entgeltpunkten (Ost) - EP - betrug die Rente ab dem 01. Januar 1992 69...