Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolg eines Widerspruchsverfahrens
Orientierungssatz
Ein Widerspruch ist dann nicht erfolgreich i.S.d. § 63 SGB X (juris: SGB 10), wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand - z. B. der Nachholung von Mitwirkungspflichten - zuzurechnen ist (Anschluss: BSG, Urteil vom 21. Juli 1992, 4 RA 20/91; SozR 3-1300 § 63 Nr 3).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreites ist die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Die Klägerin war vom 06. Dezember 1973 bis zum 31. März 1974 sowie vom 25. Februar 1975 bis zum 04. Dezember 1983 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) beschäftigt und entrichtete Beiträge zur Sozialversicherung der DDR, obwohl sie ihren Wohnsitz in Berlin (West) hatte. Sie stellte am 13. Dezember 2005 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Die Frage 9.1 “Haben Sie Zeiten der Berufsausbildung (auch ohne Abschluss) zurückgelegt?„ auf dem Vordruck der Beklagten V 100 kreuzte sie mit “Nein„ an, obwohl sie tatsächlich eine Facharbeiterausbildung für den Betriebs- und Verkehrsdienst der DR am 17. Mai 1977 erfolgreich abgeschlossen hatte. Den Facharbeiterbrief fügte sie ebenfalls nicht bei, im Sozialversicherungsausweis (SVA) war die Ausbildung nicht eingetragen.
Mit Bescheid vom 07. Juni 2006 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, verbindlich fest. Unter anderem ordnete sie die Beschäftigungszeiten der Klägerin bei der DR vom 06. Dezember 1973 bis zum 30. Januar 1974 und vom 25. Februar 1975 bis zum 04. Dezember 1983 der Leistungsgruppe 5 nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu. Gegen diese Einstufung ab Ablegung der Facharbeiterprüfung legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 07. Juli 2006 meldete sich der Bevollmächtigte der Klägerin und trug außerdem - unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin - vor, bei Beschäftigten der DR mit Wohnsitz in Berlin (West), die ihre Gehälter in DM erhalten hätten, sei bei der Anwendung des FRG ausnahmsweise die Höhe der tatsächlichen Arbeitsentgelte zu berücksichtigen, d. h. die Versicherten seien in die Leistungsgruppe einzuordnen, deren Werte dem tatsächlichen Verdienst am nächsten kämen. Für die gesamte Zeit der Beschäftigung bei der DR ab dem 25. Februar 1975 sei die Leistungsgruppe 4 anzuwenden. Am 18. August 2006 reichte die Klägerin ihr Facharbeiterzeugnis ein, woraufhin die Beklagte am 07. November 2006 einen weiteren Feststellungsbescheid erließ, mit welchem sie unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 07. Juni 2006 die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 18. Mai 1977 bis zum 04. Dezember 1983 nunmehr der Leistungsgruppe 4 nach dem FRG zuordnete. Die Klägerin erklärte das Widerspruchsverfahren daraufhin für erledigt und beantragte eine Kostengrundentscheidung.
Mit Bescheid vom 20. November 2006 lehnte die Beklagte die Erstattung der durch das Widerspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen ab, da Nachweise für die begehrten rentenrechtlichen Sachverhalte erst im Widerspruchsverfahren übersandt worden seien. In ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, bei sorgfältiger Bearbeitung unter Beachtung der Rechtsprechung des LSG Berlin hätte die begehrte Einstufung bereits mit Bescheid vom 07. Juni 2006 erfolgen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2007 zurück. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des LSG Berlin sei hier nicht anwendbar. Die mit Bescheid vom 07. November 2006 durchgeführte Teilabhilfe sei ausschließlich aufgrund des nachgereichten Facharbeiterzeugnisses erfolgt. Die Leistungsgruppe 4 sei erst ab dem Folgetag der Ausstellung des Facharbeiterzeugnisses anerkannt worden. Dass die Abhilfe zum Widerspruch lediglich aufgrund von Tatsachen erfolgt sei, die nach Erteilung des Bescheides vom 07. Juni 2006 bekannt worden seien, sei von der Klägerin selbst zu vertreten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 202,30 Euro geltend gemacht.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 29. Januar 2008 stattgegeben. Zu Unrecht habe die Beklagte die Kosten nicht erstattet. Der Widerspruch der Klägerin habe in vollem Umfang Erfolg gehabt, denn die Beklagte habe ihm stattgegeben. Grundsätzlich sei es laut dem Bundessozialgericht - BSG - (Urteil vom 21. Juli 1992 - 4 RA 20/91 -) ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung des Rechtsbehelfs vorgebracht und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt hätten. Allerdings sei ein Widerspruch nur dann erfolgreich im ...