Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. selbst genutztes Hausgrundstück. kein Schonvermögen wegen unangemessener Größe. keine Übernahme unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur als Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Ist ein selbst genutztes Hausgrundstück unangemessen groß, sodass es sich nicht um Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 handelt, ist § 22 Abs 2 S 1 SGB 2 über die Übernahme unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur nicht anwendbar.
2. Der Senat folgt der Ansicht nicht, dass die Übernahme von angemessenen Instandhaltungskosten für ein nicht zum Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 zählendes selbst genutztes Hausgrundstück aber dann nicht ausgeschlossen sei, wenn das Wohneigentum bereits aus anderen Gründen (§ 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2) nicht als Vermögen zu berücksichtigen und § 22 Abs 2 S 1 SGB 2 teleologisch zu reduzieren sei (entgegen LSG Neustrelitz vom 8.1.2016 - L 8 AS 578/15 B ER).
3. Auch eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 S 1 SGB 2 auf solche Fälle scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Dachreparatur als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den Vorschriften des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II).
Der am 1956 geborene, alleinstehende, erwerbsfähige (vgl. den eine Erwerbsminderungsrente ablehnenden Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2015) Kläger bewohnt ein in seinem Eigentum stehendes Hausgrundstück. Die Wohnfläche des Hauses beträgt 129,70 m2. Im Juni 2017 wandte der Kläger für die Versorgung mit Wasser 28,12 €, für die Abwasserentsorgung 26,88 €, für die mit dem Heizungsbetrieb verbundenen Stromkosten wohl 5,62 € und für den Schornsteinfeger 54,50 €, mithin insgesamt 115,12 € auf; im Juli 2017 fielen nur die mit dem Heizungsbetrieb verbundenen Stromkosten in Höhe von 5,62 € an. Der Kläger ging ab März 2017 einer geringfügigen Beschäftigung als Kraftfahrer bzw. Ladehelfer bei einem monatlichen, am 13. des Folgemonats ausgezahlten Festlohn von 100,00 € nach, wobei die mit dem eigenen Pkw zurückgelegten Kilometer mit 0,30 €/km erstattet wurden.
Mit Bescheid vom 5. April 2017 in der Fassung der sog. Aufhebungsbescheide vom 26. Juni 2017 und vom 7. Juli 2017 gewährte der Beklagte ihm für Mai 2017 bis April 2018 Leistungen nach dem SGB II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der o.g. jeweils anfallenden Wohnnebenkosten.
Der Kläger stellte beim Beklagten mit Schreiben vom 6. April 2017 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Reparatur loser Dachfirsten und fügte hierzu drei Kostenvoranschläge über 680,23 €, 644,99 € bzw. 583,77 € bei. Für den vorangegangenen Bewilligungszeitraum waren Kosten für die Reparatur einer Heizung in Höhe von 265,37 € im Februar 2017 als Unterkunftskosten anerkannt worden (vgl. sog. „Aufhebungsbescheid“ des Beklagten vom 9. Februar 2017). Der Beklagte errechnete (intern), dass ausgehend von einer im Fall des Klägers angemessenen 50 m2 großen Mietwohnung eine Nettokaltmiete von 2.658,00 € zuzüglich 660,00 € Betriebskosten jährlich und Heizkosten mit Warmwasser in Höhe von 1.005,00 € plus 84,00 € jährlich angemessen wären. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. Mai 2017 ab. Er führte zur Begründung aus, es könnten gemäß § 22 Abs. 2 SGB II unabweisbare Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur bei selbstbewohntem Wohneigentum im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II anerkannt werden, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den elf darauffolgenden Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II seien ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Die Wohnfläche des Klägers betrage 129,70 m2. Angemessen sei für eine Person im Eigenheim eine Wohnfläche von 90 m2 und damit die Wohnfläche des Klägers unangemessen hoch. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. Mai 2017 Widerspruch, mit welchem er auf die seiner Meinung nach angemessenen Gesamtaufwendungen verwies.
Zwischenzeitlich ließ der Kläger das Dach für 583,77 € reparieren. Die Rechnung vom 29. Juni 2017 reichte der Kläger am 7. Juli 2017 beim Beklagten ein.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2017 mit im Wesentlichen gleichbleibender Begründung und unter Verweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R - zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 25. Oktober 2017 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weite...