Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kosten der Unterkunft. Versicherungsbeiträge als "unausweichlicher Nebenkostenfaktor". Sozialgerichtliches Verfahren. Begrenzung des Streitgegenstandes. Wert des Beschwerdegegenstandes; Versicherungsbeiträge als unausweichlicher Nebenkostenfaktor; Umdeutung eines unzulässigen Rechtsmittels in ein zulässiges Rechtmittel

 

Orientierungssatz

1. Ist das Vorhandensein einer privaten Haftpflicht- sowie einer privaten Hausrats- und Glasversicherung (wirksamer) Teil der mietvertraglichen Verpflichtung des Hilfebedürftigen gegenüber seinem Vermieter, können diese Kosten als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II zu berücksichtigen sein. Derartige Kosten stellen einen "unausweislichen Nebenkostenfaktor" dar, wenn sie im Mietvertrag vereinbart sind und die Wohnung nicht ohne die Verpflichtung zur Zahlung auch dieser Kosten angemietet werden kann.

2. Maßstab für die Beurteilung der Berufungsfähigkeit ist das jeweils sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel (Vergleiche BSG, Beschluss vom 30.07.2008 - B 14 AS 7/08 B). Die Beschränkung des Prozessziels und damit des Streitgegenstands auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ist zulässig, da es sich um einen von den Regelleistungen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (Vergleiche BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R).

 

Tenor

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für ihre private Haftpflicht- und ihre private Hausrats- und Glasversicherung von der Beklagten.

Sie ist 1962 geboren, ledig und kinderlos und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Seit dem 01. Dezember 2004 bewohnt sie allein eine Einzimmerwohnung. Nach dem Mietvertrag ist sie verpflichtet, eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung abzuschließen, die auch Schäden durch Glasbruch und Vandalismus einschließt.

Bis zum 31. Dezember 2004 bezog die Klägerin Sozialhilfe; seit dem 01. Januar 2005 erhält sie Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 01. Dezember 2006 wurden sowohl der Jahresbeitrag ihrer Privathaftpflichtversicherung für Singles von 56,93 EUR (Beitrag von 49,08 EUR zuzüglich 16 % Versicherungssteuer von 07,85 EUR) als auch der Jahresbetrag ihrer Hausrats- einschließlich Glasversicherung von 38,05 EUR (Beitrag von 33,00 EUR zuzüglich 16 % Versicherungssteuer 05,05 EUR) fällig, insgesamt also 94,98 EUR.

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 Alg II von insgesamt 586,74 EUR monatlich (Regelleistung 345,00 EUR und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 241,47 EUR; der zuletzt genannte Betrag errechnete sie aus den Mietaufwendungen abzüglich einer Warmwasseraufbereitungspauschale von 9,00 EUR).

Mit am 06. Dezember 2006 bei der Beklagten eingegangenen “Beschwerde„ (Schreiben vom 04. Dezember 2006) wandte sich Klägerin ua dagegen, dass die Beklagte nicht die von ihr zuvor geltend gemachten Versicherungsbeiträge überwiesen habe. Die Beklagte bewertete dieses Begehren als Antrag auf Übernahme der Kosten der Hausratsversicherung im Rahmen des § 23 Abs 1 SGB II und lehnte das so verstandene Begehren mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 ab. Die gegen diesen Bescheid eingelegte “Beschwerde„ (Schreiben vom 22. Dezember 2006) würdigte die Beklagte erneut als Antrag auf Übernahme der Kosten der Hausratsversicherung im Rahmen des § 23 Abs 1 SGB II, den sie mit Bescheid vom 02. Januar 2007 ablehnte. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin (Schreiben vom 04. Januar 2007) blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2007).

Mit ihrer vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 02. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 hat die Klägerin ihr Begehren auf Übernahme der zum 01. Dezember 2006 fällig gewordenen Versicherungsbeiträge weiterverfolgt.

Mit Bescheid vom 12. November 2007 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 Alg II von insgesamt 588,74 EUR monatlich bewilligt (Regelleistung 347,00 EUR und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 241,47 EUR; der zuletzt genannte Betrag errechnete sie aus den Mietaufwendungen abzüglich einer Warmwasseraufbereitungspauschale von 9,00 EUR).

Zum 01. Dezember 2007 sind sowohl der Jahresbeitrag der klägerischen Privathaftpflichtversicherung für Singles von 58,41 EUR (Beitrag von 49,08 EUR zuzüglich 19 % Versicherungssteuer von 09,33 EUR) als auch der Jahresbetrag ihrer Hausrats- einschließlich Glasversicherung von 40,03 EUR (Beitrag von 33,83 EUR zuzüglich 19 % Versicherungssteuer 06,20 EUR) fällig geworden, insgesamt also 98,44 EUR.

Mit am 26. November 2007 beim...

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