Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kosten der Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Kostensenkungsaufforderung. Zumutbarkeit des Umzugs. schlüssiges Konzept (Berlin)
Orientierungssatz
1. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten der Unterkunft zu Grunde liegende "schlüssige Konzept" von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf. ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R.
2. Ein "schlüssiges Konzept" zur Bestimmung angemessener Kosten der Unterkunft, das vorrangig der Grundsicherungsträger vorzulegen hat, muss bereits im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung vorliegen.
3. Qualifizierte Mietspiegel können - wie auch einfache Mietspiegel - Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs. 1 SGB II sein. Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig. Bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis verfügbar ist.
4. Die subjektive Möglichkeit der Kostensenkung setzt voraus, dass der Hilfesuchende Kenntnis von seiner Obliegenheit zur Kostensenkung hat. Bezweckt werden soll mit dem Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II allein eine Aufklärungs- und Warnfunktion. Dies erfordert die Angabe des angemessenen Mietpreises in der Kostensenkungsaufforderung.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zulassen.
Tatbestand
Die seit März 2007 im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) stehenden und 1951 bzw. 1952 geborenen Kläger bewohnen seit dem 1. August 1992 eine ca. 75 m² große Zweiraumwohnung in B, Zstraße.
Ab 1. Januar 2008 hatten die Kläger eine Nettokaltmiete iHv 544,58 €, Heizkosten iHv 100,- € und Nebenkosten iHv 152,- € monatlich (insgesamt = 796,58 €) zu zahlen. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 2. Januar 2008 unter Angabe des nach den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung anzusetzenden Richtwertes der Bruttowarmmiete von 444,- € die Kläger darauf hin, dass die Kosten für ihre Wohnung zu hoch seien. Er teilte ferner u.a. mit, Kostensenkungsmaßnahmen würden in der Regel nicht bei schwerer Krankheit oder Behinderung verlangt. Mit Schreiben vom 8. Januar 2008 gab der Kläger zu 1) an: Er benötige aufgrund einer Diabetes Typ II mit dem Folgeschaden Neuropathie in beiden Beinen einen Aufzug. Er denke aber, dass es sich um keine schwere Krankheit handele. Ferner wohne er seit 1951 im selben Haus. Die Wohnung sei für eine Untervermietung nicht geeignet und er werde sich um eine Mietsenkung bemühen. Unabhängig von der Mietsenkungsaufforderung habe er sich selbst schon auf dem Wohnungsmarkt umgesehen. So habe er sich, bevor seine Tochter zum Studium nach Irland gegangen sei, nach einer kleineren Wohnung umgesehen. Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 forderte der Beklagte die Kläger auf, sich umgehend intensiv durch Zuzahlung von Mietanteilen aus nicht angerechneten Einkünften oder geschützten Vermögensbestandteilen, eine Reduzierung der Grundmiete durch den Vermieter oder eine Untervermietung um eine Senkung der Wohnkosten zu bemühen. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Miete auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, sei die Suche nach einer preisgünstigeren Unterkunft notwendig. Ab 1. September 2008 würden im Falle eines nicht bis spätestens 20. Juli 2008 erfolgten Nachweises ernsthafter Bemühungen zur Reduzierung der Unterkunftskosten nur noch angemessene Kosten iHv monatlich 488,40 € berücksichtigt. Mit Bescheid vom 22. Januar 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern neben den Regelleistungen und einem Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung Kosten für Unterkunft und Heizung iHv monatlich 784,84 € für die Zeit vom 1. März 2008 bis 31. August 2008. Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 teilte der Kläger zu 1) dem Beklagten mit, dass er eine andere Wohnung gesucht habe und bat um Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Kosten (Bruttowarmmiete: 493,87 € monatlich), die der Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 2008 ablehnte. Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 wies der Beklagte die Kläger zugleich darauf hin, dass bei Neuanmietung einer Wohnung die Angemessenheitsgrenze von 444,- € nicht überschritten werden dürfe. Mit Schreiben vom 16. Juli 2008 teilte der Kläger zu 1) dem Beklagten mit, eine Mietsenkung sei angesichts der auf Mieterhöhung gerichteten “Firmenpolitik„ des Vermieters ausgeschlossen. Ferner seien seine Bemühungen um eine Untervermietung erfolglos geblieben.
Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1. September 200...