Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht der Bank. Barabhebung an einem institutsfremden Geldautomaten. Auskunftsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut bezüglich etwaiger Kontobevollmächtigter
Orientierungssatz
1. Auf den Einwand des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 kann sich das Geldinstitut auch bei einer nach dem Tod des Rentenberechtigten getätigten Barabhebung an einem institutsfremden Geldautomaten berufen.
2. Der Wortlaut des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 schließt die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen durch materiell nicht Berechtigte nicht aus.
3. Aus § 118 Abs 4 S 3 SGB 6 lässt sich kein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut auf Auskunft über Namen und Anschrift etwaiger Kontobevollmächtigter herleiten.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.576,83 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beklagte Geldinstitut verpflichtet ist, dem klagenden Rentenversicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen (Rentenzahlungen i.H.v. zuletzt noch 465,83 €) zurück zu überweisen. Zudem begehrt die Klägerin Auskunft über verfügungsberechtigte Personen nach erfolgter Rentenüberzahlung für den Monat Februar 2017 (i.H.v. von insgesamt 1.576,83 €) nach dem Tod des Versicherten.
Der 2017 verstorbene M S (im Folgenden: Versicherter) bezog von der Klägerin eine Altersrente i.H.v. zuletzt 1.183,64 € (Zahlbetrag) und zudem seit 2016 eine Witwenrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau i.H.v. zuletzt 448,28 € (Zahlbetrag).
Nach dem Tod des Versicherten überwies die Klägerin in Unkenntnis des Todes am 31. Januar 2017 sowohl die Versichertenrente also auch die Hinterbliebenenrente auf das vom Versicherten bei der Beklagten geführte Konto zur Kontonummer 1.
Mit bei der Beklagten am 15. Februar 2017 eingegangenen Schreiben vom 13. Februar 2017 begehrte die Klägerin die Rückzahlung der überzahlten Rentenbeträge i.H.v. 1.631,92 € abzüglich der anteiligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, d. h. i.H.v. insgesamt 1.598,55 €.
Bis zum Eingang des Schreibens erfolgten auf dem Konto folgende Kontobewegungen:
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Datum |
Betrag |
Stand |
Saldo |
30. Januar 2017 |
5,80 € |
H |
Rente |
31. Januar 2017 9.40 Uhr 9.51 Uhr |
+ 448,28 € |
H |
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+ 1.183,64 € |
__________ H |
Barabhebung am |
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bankeigenen |
31. Januar 2017 12.11 Uhr |
- 1.000,00 € |
S |
Geldautomaten |
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Abbuchung V |
02. Februar 2017 |
- 61,00 € |
_________ _ S |
Barabhebung am |
03. Februar 2017 |
- 505,00 € |
S |
CP-Geldautomaten_________ |
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Barabhebung am |
06. Februar 2017 |
- 50,00 € |
S |
bankeigenen Geldautomaten |
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Guthaben |
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21,72 € |
H |
Zudem sind im Zeitraum ab dem 31. Januar 2017 bis zum 15. Februar 2017 8 Entgeltabrechnungen der Beklagten zu je 2,00 € auf dem Konto verzeichnet, so dass das Konto im Zeitpunkt des Eingangs der Rückforderung ein Guthaben von 5,72 € aufwies.
Mit Schreiben vom selben Tag lehnte die Beklagte das Rückzahlungsbegehren ab. Der Kontostand im Zeitpunkt der Rückforderung habe 5,72 € betragen. Es sei nur eine Teilrückzahlung i.H.v. 21,72 € (5,72 € + 8 x 2,00 €) möglich. Sie übersandte der Klägerin eine Übersicht der Kontobewegungen seit dem 31. Januar 2017 und teilte ihr mit, dass Erben nicht bekannt seien und auch keine Informationen über die Person/en vorlägen, die die Abhebungen getätigt hätten.
Mit Schreiben vom 21. März 2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie Kenntnis vom Tod des Versicherten erlangt habe.
Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 23. März 2017 darüber, dass erst mit dem Eingang des Rückforderungsverlangens Kenntnis vom Tod des Versicherten erlangt worden sei.
Mit Schreiben vom 04. April 2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr die Namen und Anschriften der weiteren verfügungsberechtigten Personen mitzuteilen. Diesbezüglich bestehe ein Auskunftsanspruch aus § 118 Abs. 4 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 11. April 2014 mit, dass sie ihre Auskunftspflicht nach § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI mit den Angaben im Schreiben vom 15. Februar 2017 erfüllt habe. Sie verweigerte sowohl die von der Klägerin geltend gemachte Auszahlung der noch ausstehenden Rückforderung i.H.v. 1.576,83 € (1.598,55 € - 21,72 €) sowie die begehrte Auskunft, letzteres unter Hinweis auf das Bankengeheimnis.
Am 25. August 2017 hat die Klägerin deshalb Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie einen Anspruch auf Rückzahlung i.H.v. 1.576,83 € habe, da sich die Beklagte nicht auf die Auszahlung der Beträge berufen könne. Die Beklagte trage die objektive Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine „anderweitige Verfügung" im Sinne des § 118 Abs. 3 SGB VI vorliege. Sie habe der Klägerin daher umfas...