Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattungsanspruch bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Mischversicherung GKV/PKV
Leitsatz (amtlich)
Für einen Anspruch der Ehefrau gegen ihre gesetzliche Krankenkasse auf Erstattung von Kosten der künstlichen Befruchtung gibt es keine Grundlage, wenn die private Krankenkasse des Ehemannes bereits die Hälfte der Gesamtkosten erstattet hat und davon auch die Hälfte der Kosten für bei der Ehefrau durchgeführte Maßnahmen und die Hälfte der Kosten für extrakorporale Maßnahmen umfasst ist (Anschluss an BSG vom 17.6.2008 - B 1 KR 24/07 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 17).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren
nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung in Höhe von 4.182,44 Euro.
Die 1970 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie ist seit dem 20. Mai 2005 verheiratet mit R, der als Beamter mit 50 Prozent der Krankheitskosten beihilfeberechtigt und mit weiteren 50 Prozent bei der Debeka privat krankenversichert ist.
Der Ehemann der Klägerin leidet unter Azoospermie (vollständiges Fehlen von Samenreifungszellen und Samenzellen im Ejakulat), was Fortpflanzung auf natürlichem Wege ausschließt.
Aufgrund eines gemeinsamen Kinderwunsches begab das Ehepaar sich im Februar 2008 in Behandlung des F Center B (Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Prof. Dr. K u.a.), wo die Durchführung einer künstlichen Befruchtung geplant wurde. Eine am 28. Mai 2008 vorgenommene Hodenbiopsie beim Ehemann der Klägerin ergab, dass dieser über für eine künstliche Befruchtung ausreichende Spermatozoen verfügte, worauf dem Ehepaar eine In-Vitro-Fertilisation (IVF)/Mikroinjektion (ICSI) empfohlen wurde. Die beim Ehemann entnommenen Spermien wurden kryokonserviert.
Unter Vorlage verschiedener Befundunterlagen und Kostenaufstellungen beantragte der Ehemann der Klägerin hierauf zunächst eine Übernahme der vollständigen Kosten der künstlichen Befruchtung bei der Debeka. Diese teilte ihm mit Schreiben vom 30. Juli 2008 mit, Versicherungsleistungen für die unmittelbar ihm zurechenbaren, nicht in den Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenkasse der Klägerin fallenden ärztlichen Maßnahmen übernehmen zu werden. Allerdings solle die Klägerin vor Behandlungsbeginn einen Leistungsantrag bei der Beklagten stellen.
Am 4. August 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Übernahme der für die künstliche Herbeiführung der Schwangerschaft entstehenden Kosten und reichte Behandlungspläne für Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung gemäß § 27a SGB V vom 26. August 2008 und 3. September 2008 ein. Auf diesen heißt es u.a.: “Erbitten Kostenübernahme analog GOÄ, 1,0fach, da (der Ehemann) privat versichert ist und PKV nach Verursacherprinzip 50 % der Gesamtkosten übernimmt, daher sind EBM-Ziffern nicht anwendbar.„
Mit Bescheiden vom 16. September 2008 und 13. November 2008, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2009, lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die bei der Klägerin durchzuführenden privatärztlichen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bestehe nicht. Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V habe die Klägerin nicht gewählt, so dass eine Übernahme von Kosten für privatärztliche Leistungen schon aus diesem Grund ausscheide. Unrichtig sei der Hinweis im Behandlungsplan, die künstliche Befruchtung könne nicht als Sachleistung über die Versichertenkarte abgerechnet werden, denn im EBM seien Abrechnungsziffern enthalten. Ebenso könnten die zur Behandlung notwendigen Medikamente nach Maßgabe der gesetzlichen Bedingungen direkt über die Apotheke mit der Krankenkasse abgerechnet werden, so dass keine Notwendigkeit für eine privatärztliche Behandlung bestehe. Weil die Eheleute zuerst an die private Krankenkasse des Ehemannes herangetreten seien, müsse diese die Kosten einer künstlichen Befruchtung tragen (Hinweis auf Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2004, IV ZR 25/03). Wenn, wie hier, bereits die Hälfte der Kosten von einem anderen Leistungsträger übernommen würden, bestehe kein Anspruch auf weitere Kostenübernahme durch die Beklagte, denn ansonsten stünde die Klägerin besser als andere gesetzlich Krankenversicherte, die stets eine Eigenbeteiligung von 50 Prozent trügen.
Die Eheleute unterzogen sich zwei Behandlungszyklen der IVF/ICSI (Beginn des ersten Behandlungszyklus am 22. September 2008). Am 15. Oktober 2008 und am 15. Januar 2009 wurden der Klägerin Eizellen entnommen und extrakorporal befruchtet. Am 9. Oktober 2009 brachte die Klägerin eine Tochter zur Welt.
Im Zuge der Kinderwunschbehandlung im F Center Berlin entstanden den Eheleuten Kosten in Höhe von 12.738,31 Euro; bis auf einen Betrag von zweimal 119,96 Euro (Rechnungen vom 22. Oktober 2008 und vom 19. Januar 2...