Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Arzneimittelversorgung. Vereinbarung über Erstattungsbeträge. Schiedsstelle nach § 130b Abs 5 SGB 5. Entscheidung über Eigenschaft eines Verbandes als "maßgebliche Spitzenorganisation" (hier: Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands eV). Begriff des "pharmazeutischen Unternehmers" und der "Maßgeblichkeit"

 

Orientierungssatz

1. Die Befugnis der Schiedsstelle nach § 130b Abs 5 SGB 5, den Vertragsinhalt oder den Inhalt der Rahmenvereinbarung nach § 130b Abs 9 SGB 5 durch Verwaltungsakt festzusetzen, steht zweifelsfrei fest; konkludent ergibt sich daraus auch die Befugnis der Schiedsstelle, über die Eigenschaft eines Verbandes als "maßgebliche Spitzenorganisation" durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

2. Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands eV hat Anspruch auf Feststellung eine für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene im Sinne von § 130b Abs 5 S 1 SGB 5 zu sein.

3. Zum Begriff des "pharmazeutischen Unternehmers".

4. Zum Begriff der "Maßgeblichkeit".

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.06.2020; Aktenzeichen B 3 KR 16/18 R)

BSG (Urteil vom 08.08.2019; Aktenzeichen B 3 KR 16/18 R)

 

Tenor

Ziffer III. des Schiedsspruchs der Beklagten zu 5. vom 12. Mai 2015 (schriftliche Fassung vom 25. Juni 2015) wird aufgehoben.

Die Beklagte zu 5. wird verpflichtet festzustellen, dass der Kläger eine für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene i.S.v. § 130b Abs. 5 Satz 1 SGB V ist.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte zu 5. jeweils zur Hälfte.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 4.

Die Beklagte zu 5. trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger, der Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands e.V., eine für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene darstellt.

Der Kläger ist eine Organisation von derzeit sieben Arzneimittel importierenden pharmazeutischen Unternehmen (A, Ax Pharma, E, H Pharm, k, M Pharma und MPharma ), die in fünf Bundesländern ansässig sind.

Der beim Arzneimittelimport praktizierte „Parallelhandel“ nutzt Preisdifferenzen zwischen verschiedenen nationalen Arzneimittelmärkten innerhalb der EU, indem Arzneimittel in einem Land eingekauft und anschließend in einem anderen Land - etwa Deutschland - zu einem niedrigeren Preis als das für den dortigen Markt produzierte Präparat abgegeben werden.

Die Satzung des Klägers bestimmt in § 2 als „Zweck des Verbandes“:

Der Bundesverband verfolgt den Zweck, die allgemeinen wirtschaftlichen und beruflichen Interessen von Unternehmen, die im Bereich Arzneimittelimport und Vertrieb dieser Arzneimittel tätig sind, zu fördern und Dritten gegenüber zu vertreten und zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen beizutragen sowie den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, und zwar insbesondere durch die Erfüllung folgender Aufgaben:

• Zusammenführung maßgeblicher Beteiligter aus den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens zum Gedanken- und Informationsaustausch.

• Vertretung der gemeinsamen Interessen gegenüber dem Gesetzgeber, Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), Apothekerverbänden und sonstigen Gesundheitsinstitutionen.

• Abgabe von Stellungnahmen gegenüber Parlamenten, Regierungen, Behörden und Dritten.

• Durchführung von Veranstaltungen mit dem Ziel, den Wissensstand und die Qualifikation im Bereich Importarzneimittel anzuheben und mitzuhelfen, die Voraussetzungen für Qualitätsstandards zu schaffen, also die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Herstellung und der Vertrieb von importierten Arzneimitteln besondere Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit mit sich bringen.

• Rechtliche Durchsetzung - gegebenenfalls gerichtlich - der Interessen der Mitglieder.

• Kommunikation mit der Öffentlichkeit über die Belange der Mitgliedsunternehmen.

Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) regelt die Preisbildung für Arzneimittel neu; § 130b Abs. 1 Sozialgesetzbuch/5. Buch (SGB V) sieht nunmehr vor, dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der hiesige Beigeladene, mit pharmazeutischen Unternehmern auf der Grundlage des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 SGB V mit Wirkung für alle Krankenkassen Erstattungsbeträge für Arzneimittel vereinbart, die keiner Festbetragsgruppe zugeordnet wurden. Kommt eine solche Vereinbarung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zustande, setzt die Schiedsstelle nach Absatz 5 den Vertragsinhalt innerhalb von drei Monaten fest (§ 130b Abs. 4 SGB V). § ...

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