Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens "G"

 

Orientierungssatz

1. Die Zuerkennung des Merkzeichens "G" - erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr - setzt voraus, dass bei dem Schwerbehinderten sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Wirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen.

2. Sind diese mit einem GdB unter 50 zu bewerten, so besteht Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" nur dann, wenn sie sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, vergleichbar der Versteifung eines Hüftgelenks oder einer arteriellen Verschlusskrankheit mit einem GdB von 40.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. November 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).

Der 1961 geborene Kläger, bei dem 2002 ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt war, stellte am 14. Oktober 2008 einen Verschlimmerungsantrag. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der ihm vorliegenden ärztlichen Unterlagen stellte der Beklagte bei dem Kläger mit Bescheid vom 6. Mai 2009 einen GdB von 80 fest, lehnte aber die Zuerkennung des Merkzeichens “G„ ab. Dem legte er folgende (mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde:

a) Alkoholkrankheit, psychische Störungen (Neurosen), Persönlichkeitsstörung, außergewöhnliche Schmerzreaktion (80),

b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, operierte Bandscheibe, Nervenwurzelreizerscheinungen der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose (30),

c) Neurodermitis (10),

d) Schulter-Arm-Syndrom links (10),

e) chronische Entzündung der Speiseröhre bei kleinem Zwerchfellbruch (10).

Auf den Widerspruch des Klägers veranlasste der Beklagte das Gutachten des praktischen Arztes Dr. Y vom 21. Juli 2009, der die Voraussetzungen des Merkzeichens “G„ verneinte. Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2009 zurück.

Mit der bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte das Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. B vom 20. Juli 2010 eingeholt, der das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen “G„ verneint hat.

Mit Urteil vom 15. November 2011 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens “G„ habe. Der überzeugenden Bewertung des Sachverständigen sei zu folgen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er insbesondere vorbringt, dass die Insomnie, an welcher er leide, sich erheblich auf seine Gehfähigkeit auswirken würde. Zur Begründung hat der Kläger diverse ärztliche Unterlagen bei Gericht eingereicht.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Neurologen Br vom 20. Juni 2012. Der Sachverständige hat das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen “G„ nicht feststellen können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. November 2011 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab 14. Oktober 2008 das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens “G„ festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält an seinen Entscheidungen fest.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage mit der angegriffenen Entscheidung zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung des von ihm begehrten Merkzeichens.

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Merkzeichens "G" sind nicht erfüllt.

Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Über das Vorliegen der damit angesprochenen gesundheitlichen Merkmale treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen...

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