Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten für die Unterkunft einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft
Orientierungssatz
1. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist die angemessene Wohnungsgröße und der örtliche Vergleichsraum zu ermitteln.
2. Für eine aus vier Mitgliedern bestehende Bedarfsgemeinschaft gilt eine Wohnfläche von bis zu 90 qm als angemessen.
3. Ein bestehender örtlicher qualifizierter Mietspiegel ist zur Bestimmung einer Referenzmiete als Angemessenheitsmaßstab heranzuziehen. Dann ist zugleich davon auszugehen, dass eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis verfügbar ist.
4. Auch ein einfacher Mietspiegel kann Grundlage eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung sein. Die dort angegebenen Entgelte stellen ein Indiz für eine ortsübliche Vergleichsmiete dar.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Kläger im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) für die Zeit vom 15. Februar 2012 bis 31. Januar 2013.
Die 1974 geborene Klägerin zu 1., die von 2003 bis August 2011 in A gelebt hatte, ihr Partner, der 1972 geborene neuseeländische Staatsangehörige und Kläger zu 2. sowie deren 2008 bzw. 2011 in Australien geborene Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, standen seit Mitte August 2011 - mit Ausnahme des Klägers zu 2., der erst nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im September 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhielt - im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Wegen eines befristeten Mietvertrages hinsichtlich der zuvor bewohnten Wohnung erkannte der Beklagte auf den Antrag der Kläger vom 5. Januar 2012 zwar mit Bescheid vom 10. Januar 2012 die Notwendigkeit eines Umzugs an und sicherte im Falle des Abschlusses eines Mietvertrages die Übernahme von KdU in Höhe von 619 € bruttowarm zu, lehnte aber zugleich eine Zusicherung in Bezug auf die von den Klägerin vorgelegten zwei Wohnungsangebote, u.a. hinsichtlich der gegenständlichen Wohnung (Wohnungsangebot vom 28. Dezember 2011), ab, die nicht angemessen wären.
Die Kläger schlossen zum 15. Februar 2012 den Mietvertrag für die gegenständliche und von ihnen noch gegenwärtig bewohnte Wohnung in B (P) bestehend aus 3 Zimmern nebst Küche, WC, Bad, Diele, sowie Balkon und mit einer Wohnfläche von 71,17 m². Ausweislich des Mietvertrages betrug die Nettokaltmiete monatlich 530 €; die Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten beliefen sich auf 100 € und für Heiz- und Warmwasserkosten (bei zentraler Heizungs- und Warmwasserversorgung) auf monatlich 70 €, so dass sich eine Gesamtmiete in Höhe von 700 € bruttowarm im Monat ergab.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2012 berücksichtigte der Beklagte unter Änderung eines früheren Bescheides vom 3. Januar 2012 im Rahmen der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 ab 15. Februar 2012 monatliche KdU in Höhe von 619 €. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 zurück. Die Kosten für die neue Wohnung wären unangemessen. Nach den bis zum 30. April 2012 gültigen und den Widerspruchsgegner bindenden Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) vom 30. Mai 2006 wäre für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft monatlich ein Betrag in Höhe von 619 € als Warmmiete zu berücksichtigen. Nach der ab 1. Mai 2012 geltenden Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnungsaufwendungenverordnung - WAV) vom 3. April 2012 wären für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger bei einer abstrakt als angemessen anerkannten Wohnfläche von 85 m² eine Bruttokaltmiete in Höhe von 6,30 €/m² und den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 70 € KdU nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe von nur (85 m² x 6,30 €/m² + 70 € = 535,50 € + 70 € =) 605,50 € anzuerkennen.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern auf deren Weiterbewilligungsantrag für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis 31. Januar 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 605,50 €. Dem Widerspruch der Kläger half er mit Bescheid vom 22. Februar 2013 teilweise ab und berücksichtigte für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Januar 2013 monatliche KdU in Höhe von 655,90 €. Mit einem weiteren Bescheid vom 22. Februar 2013 gewährte der Beklagte auch für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 31. Juli 2012 monatliche KdU in Höhe von 655,90 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar ...