Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungrecht: Beitragspflicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses. Einbeziehung von Provisionseinnahmen in die Ermittlung der Beitragshöhe zur Sozialversicherung. Voraussetzung der Änderung eines auf einer Schätzung basierenden Sozialversicherungsbeitrags

 

Orientierungssatz

1. Der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegen auch solche Einnahmen, die zwar nicht als Arbeitsentgelt gezahlt werden, mit der versicherungspflichtigen Beschäftigung aber in einem Zusammenhang stehen, selbst wenn diese zusätzlichen Einnahmen durch die Vertragspartner formal einer selbständigen Tätigkeit des Versicherungspflichtigen zugewiesen wurden (hier: Provision).

2. Ein aufgrund einer Schätzung festgelegter Sozialversicherungsbeitrag ist nur dann durch den Sozialversicherungsträger zu widerrufen, wenn die Höhe des tatsächlichen Arbeitsentgelts nachgewiesen oder nachträglich eine Versicherungsfreiheit festgestellt  wurde.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten.

Der Kläger meldete beim zuständigen Amt ab 1. August 2000 das Gewerbe der “Lagerung und Vertrieb von technischen Gasen; Abschleppleistungen aller Art, Transportleistungen, Handel mit Kfz-Ersatzteilen und An- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen, Vermietung von Kfz, Vermittlungen Versicherungen, Kfz-Reparaturen und Pflege; Schülerbeförderung„ an.

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) waren bei dem Kläger als (Aushilfs-)Fahrer seiner Abschleppfahrzeuge beschäftigt. Er meldete die Beigeladenen zu 1) bis 5) jeweils als Nebeneinkommensbezieher nach § 313 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) an. Am 5. September 2001 zahlte er als Firma B Abschleppdienst + T dem Beigeladenen zu 5) für erbrachte Vermittlungen eine Provision von 600,00 DM bar aus.

Das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) leitete mit Vermerk vom 12. April 2002 gegen ihn ein Strafverfahren ein, nachdem bei einer Kontrolle auf der Bundesautobahn 113 am 18. März 2002 der Beigeladene zu 1) als Kraftfahrer eines Lkw des Klägers angetroffen worden war.

Das Hauptzollamt beschlagnahmte beim Kläger sowie bei dessen Steuerberater unter anderem Fahrtenschreiberschaublätter von vier Lkw des Klägers sowie diverse Kassenbücher und Aktenordner. Es wertete die Fahrtenschreiberschaublätter aus und ermittelte Fahrzeiten der Beigeladenen zu 1) bis 4).

Der Beigeladene zu 2) P sagte bei seiner Beschuldigtenvernehmung beim Hauptzollamt Frankfurt am 19. August 2002 aus, nicht gewusst zu haben, als arbeitslos gemeldeter geringfügig Beschäftigter nur weniger als 15 Stunden wöchentlich habe arbeiten zu dürfen. Er habe nur gewusst, dass er nicht mehr als 315,00 DM monatlich habe verdienen dürfen. Er äußerte weiter auf die Frage, außer den 315,00 DM noch etwas dazu verdient zu haben, jetzt nichts mehr sagen zu wollen, er werde sich mit seinem Anwalt besprechen. Das Strafverfahren gegen ihn wegen Betruges (Amtsgericht Frankfurt/Oder 4.10 Cs 272 Js 46848/02) wurde gegen eine Geldbuße von 500,00 Euro nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Mit Schreiben vom 19. September 2002 informierte das Hauptzollamt die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: “die Beklagte„), über den Sachverhalt.

Das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB; Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt [Oder] 237 Js 4109/03) wurde ebenfalls nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.

Entsprechend wurde das Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 5) Michaelis (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 43 Cs 271 Js 48865/02) nach § 153a Abs. 2 StPO nach Zahlung einer Geldauflage von 200,00 Euro eingestellt.

Der Beigeladene zu 3) B ließ sich in seinem Strafverfahren (Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder 240 Js 36331/02) ein, indem er eine eigene Auswertung der Fahrtenschreiberblätter vorlegte und sich damit entschuldigte, seinen möglichen zukünftigen Arbeitgeber mit einer Einhaltung der Höchstarbeitszeit nicht habe “vor den Kopf stoßen„ wollen.

Sein Strafverfahren wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.

Die Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 4) K (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 4.10 Ts Js 46704/02 (240/03)) und den Beigeladenen zu 1) (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt[Oder] 4.10 Ds 281 Js 47165/02 (66/03)) wurden jeweils gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13. November 2002 mit, dass hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. April 1998 bis 31. Oktober 2002 die Auswertung der Prüfung des Hauptzollamtes in einem gesonderten Bescheid erfolgen solle.

Nach vorangegangener Anhöru...

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