Entscheidungsstichwort (Thema)

TAVI im Jahr 2014. Qualitätsgebot. Fachabteilung für Herzchirurgie. Kooperationsvereinbarung. Heart Team. Struktur- und Prozessqualität. Wissenschaftlicher Konsens. Versorgungsauftrag. Entgeltvereinbarung. Schiedsspruch. Genehmigung

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.10.2023; Aktenzeichen B 1 KR 43/22 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 21. September 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH), ist Trägerin des K E v B. Das Krankenhaus ist ein kommunales Krankenhaus in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam. Es ist, der Bettenzahl zufolge, das zweitgrößte Schwerpunktkrankenhaus im Land Brandenburg. Das Krankenhaus war 2014 im Krankenhausplan des Landes Brandenburg u.a. mit der Fachabteilung Innere Medizin/Geriatrie, nicht aber für Herzchirurgie aufgenommen (Dritter Krankenhausplan des Landes Brandenburg, Amtsblatt für Brandenburg vom 9. Juli 2008, S. 1589 ff. in der Fassung der Fortschreibung vom 18. Juni 2013, Amtsblatt für Brandenburg Nr. 34 vom 14. August 2013, S. 2111 ff.).

Das Krankenhaus schloss am 1. September 2013 mit dem S-H C einen Kooperationsvertrag für die Erbringung der kathetergestützten transapikalen Aortenklappenintervention bzw. katheterbasierter Aorten-Klappenersatz - TAVI. Bei dieser Leistung wird eine biologische Herzklappenprothese über einen kleinen Zugang mittels eines Katheters implantiert[1]. Im Unterschied zum chirurgischen Vorgehen wird bei einer TAVI die Implantation - am schlagenden Herzen - vorgenommen, ohne beim Patienten eine Herz-Lungen-Maschine anzuschließen (vgl. https://www.swiss-heart-clinic.com/tavi).

Das Krankenhaus der Klägerin behandelte in der Zeit vom 30. Juni 2014 bis zum 15. Juli 2014 die 1931 geborene und bei der Beklagten versicherte Frau E P stationär mit der Hauptdiagnose Nichtrheumatische Aortenklappenkrankheiten/Aortenklappenstenose (I.35.0). Das Krankenhaus führte u.a. einen kathetergestützten minimal-invasiven Eingriff an den Herzklappen (TAVI) durch.

Die Klägerin stellte der Beklagten für den stationären Aufenthalt insgesamt 32.897,50 Euro in Rechnung. Konkret berechnete sie auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Groups 2014 - DRG) die DRG F98Z - endovaskuläre Implantation eines Herzklappenersatzes oder transapikaler Aortenklappenersatz (TAVI). Die Beklagte zahlte einen Betrag in Höhe von 9.044,26 Euro und lehnte im Übrigen, damit hinsichtlich des Restbetrags in Höhe von 23.853,24 Euro, eine Zahlung der Rechnung unter Hinweis auf den fehlenden herzchirurgischen Versorgungsauftrag der Klägerin für die TAVI ab. Eine Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (bis zum 30. Juni 2021: MDK) fand nicht statt.

Seit dem 1. Juli 2016 erbrachte das Krankenhaus der Klägerin die Leistungen der endovaskulären Implantation eines Herzklappenersatzes oder transapikalen Aortenklappenersatzes (TAVI) nicht mehr.

Die Klägerin hat am 22. Dezember 2017 Klage zum Sozialgericht Potsdam erhoben. Die Beklagte stütze ihre Zahlungsverweigerung ausschließlich darauf, dass die Klägerin keinen entsprechenden Versorgungsauftrag für die abgerechnete Leistung habe. Das sei nicht zutreffend, denn die Klägerin verfüge über einen entsprechenden Versorgungsauftrag. Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses ergebe sich aus § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) i.V.m. den Bescheiden zu seiner Durchführung. Es sei gerichtsbekannt, dass das K E vB durch Feststellungsbescheid mit dem Fachgebiet Innere Medizin, Subspezialisierung Kardiologie, in den Krankenhausplan des Landes Brandenburg aufgenommen sei. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung habe der Krankenhausplan keine Einschränkungen hinsichtlich der Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen enthalten. Auch dem Feststellungsbescheid seien keine solchen Einschränkungen zu entnehmen. Der Krankenhausplan verweise zur Bestimmung des Versorgungsauftrags vielmehr auf die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Brandenburg. Er orientiere sich einzig und allein am Inhalt der Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Bereits im Jahr 2011 sei durch den Weiterbildungsausschuss der Bundesärztekammer beschlossen worden, dass die endovaskuläre Implantation eines Herzklappenersatzes als gebietskonform für einen Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie angesehen werde.

Darüber hinaus habe die für das Land Brandenburg zuständige Schiedsstelle nach § 18a Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) durch zwei Beschlüsse die zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Budget- und Entgeltvereinbarungen bestätigt. Dies sei auch Inha...

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