Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Änderung der Gebührensatzung. Selektivversorgung. Rechtswidrigkeit der Umlegung der Bereinigung der Gesamtvergütung auf teilnehmende Vertragsärzte

 

Orientierungssatz

Die Bereinigung der Gesamtvergütung stellt eine gesetzliche Aufgabe dar, die nicht auf die an der Selektivversorgung teilnehmenden Vertragsärztinnen und -ärzte umgelegt werden darf. Entsprechende Änderungen der Gebührensatzung sind rechtswidrig und damit nicht genehmigungsfähig.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Genehmigung einer Satzungsänderung.

Die Klägerin informierte den Beklagten durch Schreiben vom 18. November 2010 über ihre Absicht, dem als Anlage der Gebührensatzung beschlossenen Gebührenverzeichnis folgenden Punkt anzufügen:

Besonderer Aufwand zur Prüfung der Einhaltung der Abrechnungsbestimmungen bei Verträgen gem. §§ 73b,c bzw § 140d SGB V im Zusammenhang mit der Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

Betrag je Quartal 0,60 €* je Abrechnungsfall bzw. Versicherten, mind. jedoch 25,00 € je teilnehmenden Arzt

*Betrag verringert sich entsprechend bei vollständiger/anteiliger Erstattung des Aufwandes durch die Krankenkassen.

Der Vorstand habe beschlossen, dass die durch die Bereinigung der Gesamtvergütung anfallenden Kosten vorrangig durch die Krankenkassen zu tragen seien. Für den Fall, dass eine Einigung mit den Krankenkassen nicht zustande komme, sollten die Kosten nach § 3 Abs. 3 der Satzung der Klägerin auf die an den Selektivverträgen teilnehmenden Ärzte umgelegt werden.

Am 5. Januar 2011 beschloss die Vertreterversammlung der Klägerin die oben bezeichnete Änderung der Gebührensatzung. Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 27. Januar 2011 die Genehmigung dieser Änderung. Der Beklagte teilte durch Schreiben vom 4. März 2011 zunächst mit, dass er die beschlossene Änderung für rechtlich bedenklich halte, weil sie als Versuch angesehen werden könne, Vertragsärzte von der Teilnahme an Selektivverträgen abzuhalten. Die Klägerin entgegnete am 9. März 2011, dass sie ein Substitut für die Verwaltungskosten schaffen wolle, die ihr nicht mehr über die allgemeine Verwaltungskostenumlage zufließen würden, da die Selektivverträge nicht den Regelungen für Kollektivverträge unterlägen. Aus der dargestellten Berechnung der Kosten ergebe sich, dass die zu erhebende Beträge nicht auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet seien, sondern aus dem Aufwand für eine Abrechnung im Kollektivvertragssystem abgeleitet wären.

Der Beklagte wies mit Schreiben vom 27. Mai 2011 darauf hin, dass er die beschlossene Änderung des Gebührenverzeichnisses nicht für genehmigungsfähig halte. Die Bereinigung der Gesamtvergütung sei eine gesetzliche Aufgabe, die nicht auf die an den Verträgen nach §§ 73b, 73c, 140d SGB V teilnehmenden Ärzte abgewälzt werden dürfe. Die Klägerin entgegnete, es könne nicht richtig sein, dass ihre Mitglieder, die nicht an Selektivverträgen teilnehmen, erhöhte Verwaltungskostenbeiträge leisten müssten, während die anderen Vertragsärzte verringerte oder gar keine Beiträge mehr zahlen würden.

Durch Bescheid vom 22. August 2011 versagte der Beklagte die für die rechtliche Wirksamkeit der beschlossenen Satzungsänderungen erforderliche Genehmigung, soweit dem Gebührenverzeichnis eine weitere Gebühr für den besonderen Aufwand zur Prüfung der Einhaltung der Abrechnungsbestimmungen bei Verträgen gem. §§ 73b, 73c, 140d SGB V im Zusammenhang mit der Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung hinzugefügt wurde. Diese beschlossene Änderung sei nicht genehmigungsfähig. Der Sache nach sei ein besonderer Aufwand grundsätzlich anzuerkennen, der aber nicht durch einzelne Ärzte verursacht werde, sondern infolge eines Rückforderungsanspruches der Krankenkassen entstehe. Die Klägerin erfülle durch die Bereinigung der Gesamtvergütung eine Verpflichtung aus dem Gesamtvergütungsvertrag, an dem die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Ärzte nicht beteiligt seien.

Dagegen richtet sich die am 22. September 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage, mit der die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Genehmigung der von ihr beschlossenen Satzungsänderung begehrt. Der Beklagte habe die Grenzen der Rechtsaufsicht überschritten und missachte damit die Gestaltungsrechte der Selbstverwaltung. Die Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns enthalte eine genehmigte Gebührenregelung, die mit der hier streitigen vergleichbar sei.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 12. Dezember 2012 abgewiesen. Der Beklagte, der die Rechtsaufsicht über die Klägerin führe, habe der geplanten Satzungsänderung zu Recht seine Genehmigung versagt. Es sei rechtswidrig, die durch eine Bereinigung der Gesamtvergütung entstehenden Mehrkosten den Mitgliedern aufzuerlegen,...

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