Entscheidungsstichwort (Thema)
Statusentscheidung. Abgrenzung versicherungspflichtiger Beschäftigung von selbständiger Tätigkeit. Veranstaltungstechniker
Orientierungssatz
1. Für die Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung entscheidend. Eine selbständige Tätigkeit ist durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (Vergleiche BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07).
2. Ein Veranstaltungstechniker, der für eine Vielzahl von Auftraggebern tätig ist, unterschiedliche Vergütungen vereinbart und mittels Rechnung im eigenen Namen abrechnet und selbst am Markt werbend auftritt, ist selbständig tätig.
3. Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht gleichzusetzen mit einem Kapitalrisiko. Geringer Kapitaleinsatz ist bei Dienstleistungen höherer Art, die auf besonderen Kenntnissen beruhen, typisch (Vergleiche BSG, Urteil vom 27.03.1980 - 12 RK 26/79 = SozR 2200 § 165 Nr. 45).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Status des Klägers als abhängig Beschäftigter der Beigeladenen.
Der 1976 geborene Kläger ist seit Februar 2000 als Veranstaltungstechniker für verschiedene Auftraggeber und in geringerem Umfang für eigene Veranstaltungen tätig. Zu seinen Aufgaben gehören Transport und Aufbau, Einrichtung und Bedienung sowie Abbau von Beleuchtungs-, Projektions- und Beschallungsanlagen und der Aufbau von Satelliten- und Telefonanlagen im Rahmen von Pressekonferenzen, Messen und Konzerten. Der Kläger erzielte zwischen Februar 2000 und Dezember 2001 Umsätze in Höhe von 83.734, 76 DM aus dieser Tätigkeit für insgesamt zehn verschiedene Auftraggeber (Konzert-, Messe- und Eventveranstalter), zu denen auch die Beigeladene gehörte. Die Rechnungsbeträge für die Arbeiten lagen zwischen 24.572,76 und 400 DM; davon zahlte die Beigeladene für Arbeiten des Klägers 5.370 DM an diesen. Die Arbeiten für seine Auftraggeber rechnete der Kläger z.T. nach Stunden mit unterschiedlichen Sätzen, z.T. pauschal ab, machte z.T. Fahrtkosten für die Benutzung seines PKW und Verpflegungskosten geltend und berechnete seinen Auftraggebern die gesetzliche Mehrwertsteuer. Nach seinen Angaben gegenüber der Beklagten handelte er seine Entgelte mit jedem Auftraggeber gesondert aus. Bei mehreren gleichzeitigen Aufträgen entscheide er selbst, welchen er annehme und welchen nicht. Der Kläger besitzt nach seinen Angaben ein eigenes Büro, das mit den üblichen Kommunikationseinrichtungen sowie den Einrichtungen zur Bewältigung der organisatorischen und buchhalterischen Aufgaben seines Betriebes (Festnetzanschluss, Telefax und Mobiltelefon, EDV-Anlage und Kopierer) ausgestattet ist. Er setzt eigene Spezialwerkzeuge, Materialien und Betriebsmittel wie einen eigenen PKW und mobile EDV-Technik (Kopfhörer, Mikrofone, Discman, Notebook, Kabel und Adapter) ein, die nicht von seinen Auftraggebern gestellt werden. Mit eigenem Briefpapier und Visitenkarten ist er am Markt werbend tätig; auf Grund seiner Arbeit ist er nach seinen Angaben so bekannt, dass die Veranstalter ihn auf neue Anträge ansprechen. Er unterliege bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen, auch wenn Aufführungsort sowie Auf- und Abbauzeit durch die Veranstaltungen vorgegeben seien. Er übe seine Tätigkeit nicht selten auch auf mehrwöchigen Live-Touren aus, auf denen er eigenverantwortlich für die Beleuchtung und Beschallung zuständig sei. Unter Umständen greife er auf Helfer zurück, die er selbst aussuche und bezahle. Seit dem 1. Januar 2002 beschäftige er einen Angestellten.
Im Juni 2001 beantragte er bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im folgenden BfA), auf Veranlassung der Beigeladenen eine Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Mit Bescheid vom 29. August 2001, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2002, stellte die BfA fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Veranstaltungstechniker bei der Beigeladenen im Rahmen eines abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Deshalb unterliege er der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Denn er setze ausschließlich seine eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig, weil er mit anderen Beschäftigten der Beigeladenen habe zusammenarbeiten müssen. Da die Ausführung der Arbeiten nur an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz möglich gewesen sei, habe er auch bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arb...