Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerspruchsverfahren. Kostenfestsetzung. Zulassungssache. Vertragsarztrecht. Gegenstandswertbestimmung

 

Orientierungssatz

1. In vertragsärztlichen Zulassungs- und Ermächtigungsverfahren ist der Gegenstandswert grundsätzlich auf der Grundlage der Einnahmen zu berechnen, die in einem Zeitraum von drei Jahren hätten erzielt werden können.

2. Das BSG und der Senat haben aber insoweit übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass in den Fällen ein Unterschreiten des drei- bzw fünfjährigen Zeitraumes angezeigt ist, in denen von vornherein feststeht oder nach Lage der Umstände mit Gewissheit zu erwarten ist, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nur für einen kürzeren Zeitraum ausgeübt werden soll oder kann (vgl BSG vom 28.1.2000 - B 6 KA 22/99 R = AGS 2001, 29 und LSG Berlin vom 7.12.2005 - L 7 B 6/05 KA).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.04.2008; Aktenzeichen B 6 KA 3/07 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. März 2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 6), die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung weiterer Vorverfahrenskosten in Höhe von 2.280,85 €.

Der Kläger war als Facharzt für Radiologie mit Arztsitz in Berlin/Treptow-Köpenick zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im September 2002 erklärte er gegenüber der Beigeladenen zu 1) wegen einer schweren Erkrankung seinen Verzicht auf seine vertragärztliche Zulassung zum Ende des Quartals IV/2002. Ferner beantragte er die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes. Der Kläger gab an, dass der Verzicht auf seine Vertragsarztzulassung erst wirksam werden solle, wenn der “Praxisnachfolger rechtskräftig„ zugelassen und die Praxis von ihm übergeben worden sei. Er erwarte einen Kaufpreis für seine Praxis in Höhe von 250.000,00 €. Jedenfalls seit spätestens Mitte 2002 übt der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr aus.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte des Zulassungsbezirks Berlin (ZA) stellte daraufhin mit Beschluss vom 25. Juni 2003 u. a. fest, dass die Zulassung des Klägers zur vertragärztlichen Versorgung beendet sei. Diese Entscheidung hob der Beklagte auf den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 22. Oktober 2003 insoweit auf und entschied, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen sei und dem Kläger die Hälfte der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten sei. Mit weiterem Beschluss vom 29. Oktober 2003 stellte der ZA wiederum u. a. fest, dass die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit Zustellung dieses Beschlusses ende. Auch diesen Beschluss hob der Beklagte mit Beschluss vom 25. Februar 2004 insoweit auf und ließ eine Praxisnachfolgerin zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Der Beklagte entschied, dass auch in diesem Verfahren die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen sei und dass die dem Kläger zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten seien. Die Beschlüsse des Beklagten vom 22. Oktober 2003 und vom 25. Februar 2004 sind bestandskräftig geworden.

Den Antrag des Klägers, ihm unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe des fünffachen Jahresüberschusses einer durchschnittlichen radiologischen Praxis, nach seinen Angaben in Höhe von 528.000,00 €, und einer 10/10 Gebühr, ihm die für das erste Widerspruchsverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.672,56 € und die ihm für das zweite Widerspruchsverfahren und für das vorangegangene Verwaltungsverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 10.971,28 € zu erstatten, beschied der Beklagte unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen dahingehend, dass für das erste Widerspruchsverfahren lediglich 1.380,11 € und für das zweite Widerspruchsverfahren lediglich 5.497,24 € zu erstatten seien (Beschluss des Beklagten vom 05. Mai 2004). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die erstattungsfähigen Vorverfahrenskosten nach Maßgabe eines Gegenstandswertes in Höhe von 528.000,00 € und eines Gebührenansatzes von 7,5/10 zu bemessen seien, weil der Schwierigkeitsgrad in beiden Fällen nicht so herausragend gewesen sei, dass der Kostenrahmen voll ausgeschöpft werden müsse. Hinsichtlich des zweiten Widerspruchsverfahrens könnten auch nur die Kosten dieses Verfahrens erstattet werden, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Ferner sei eine Erstattung der Kosten für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren nicht möglich.

Im anschließenden Klageverfahren hat sich der Kläger lediglich noch gegen den Ansatz einer Mittelgebühr bei der Berechnung der ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten gewandt. Er hat vorgetragen, dass für beide Widerspruchsverfahren der Ansatz einer 10/10 Gebühr gerechtfertigt sei. Die Sache sei für ihn von erheblicher Bedeutung gewesen und habe einen üb...

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