Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Fachkrankenpfleger für Anästhesie im Krankenhaus auf der Basis von Dienstleistungsvereinbarungen. Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ist ein als Fachkrankenpfleger für Anästhesie in die Organisation und Arbeitsabläufe eines Krankenhauses eingebunden, untersteht er den Weisungen der Krankenhausärzte, hat er ein nennenswertes unternehmerisches Risiko nicht zu tragen und wird er nach einem vereinbarten stündlichen Honorar entlohnt, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Dieser Beurteilung widerspricht nicht, wenn dem Krankenpfleger das Recht eingeräumt ist, erteilte Aufträge im Fall von Krankheit oder sonstiger Verhinderung nach entsprechender Information des Krankenhauses nicht ausführen zu müssen.

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers, der Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2016 werden zurückgewiesen.

Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seinen Tätigkeiten als Fachkrankenpfleger für Anästhesie für die Beigeladenen zu 1. bis 3. an einzelnen Einsatztagen im Zeitraum 1. Juli 2013 bis 5. Februar 2015 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

Der im Jahre 1969 geborene Kläger ist ausgebildeter Fachkrankenpfleger für Anästhesie. Er war schon in der Zeit von April 2009 bis September 2011 für verschiedene Krankenhausträger auf selbständiger Basis als Krankenpfleger tätig. In den Jahren 2011 bis 2013 unterzog er sich einer Umschulung.

Im August 2012 zeigte der Kläger dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin gemäß § 14 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst an, ab dem 1. August 2012 eine selbständige Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger aufzunehmen; das bestätigte diese Behörde mit Bescheid vom 3. August 2012. Zum 1. Juli 2013 nahm er seine Tätigkeit als Krankenpfleger auf selbständiger Basis für verschiedene Krankenhäuser wieder auf. Seit Februar 2015 ist er bei verschiedenen Arbeitnehmerüberlassungen als Fachkrankenpfleger angestellt und für diese in unterschiedlichen Kliniken tätig.

Der Kläger war als Fachkrankenpfleger für Anästhesie für die Beigeladene zu 1. ab dem 1. Juli 2013, für die Beigeladene zu 2. (vormals: Klinik für M) ab dem 30. September 2013 und für die Klinik HGmbH, über deren Vermögen zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren unter Bestellung des Beigeladenen zu 3. zum Insolvenzverwalter eröffnet wurde (im Folgenden: vormalige Beigeladene zu 3.) ab dem 3. September 2013 als Fachkrankenpfleger für Anästhesie tätig. Er führte Tätigkeiten in den Bereichen Anästhesie, Aufwachraum und Intensivversorgung aus.

Die Tätigkeiten im Bereich der Anästhesie umfassten unter anderem die pflegerische Betreuung von Patienten, die Vorbereitung von Anästhesiearbeitsplätzen einschließlich der Überprüfung der technischen Geräte und der Vorbereitung der Narkose- und Notfallmedikamente, die Übernahme der Patienten einschließlich der Überprüfung von Papieren und Personalien, das Legen eines intravenösen Zugangs und dessen Überwachung, die Überwachung der Patienten und ihrer Vitalfunktionen während der Operation in Zusammenarbeit mit dem Anästhesisten sowie die Ausleitung und die Übergabe der Patienten an den Aufwachraum.

Der Kläger war teilweise auch im Aufwachraum tätig. Hier stellte er die Einsatzbereitschaft der Arbeitsgeräte her, übernahm die Patienten, betreute, versorgte und überwachte sie. Gegebenenfalls erfolgte eine Schmerz- oder Atemtherapie. Es erfolgte dann eine Verlegung nach eigenem Ermessen oder nach Rücksprache mit dem Anästhesisten.

Bei einer Tätigkeit auf der Intensivstation erfolgte die Übergabe von Patienten durch den vorhergehenden Dienst. Gegebenenfalls erfolgte eine Besprechung und Übergabe in einem Teamgespräch. Auch hier erfolgte zu Beginn eine Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Überwachungs- und Notfallgeräte und der Medikamente. Weitere Tätigkeiten waren die Erbringung von Grund- und Behandlungspflegeleistungen, die Überwachung von Patienten, die Anwendung ärztlich verordneter Therapien, Mobilisierungen, Lagerungen, die Begleitung zu Untersuchungen sowie die Dokumentation, bei Notfällen auch die Einleitung lebenserhaltener Sofortmaßnahmen bzw. Reanimationsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Dienst.

Für die Beigeladene zu 1. war der Kläger ab dem 1. Juli 2013 bis zum 23. Januar 2015 an folgenden 208 Tagen tätig:

1.-4., 16.-18., 21., 22., 24.-26., 29.-30. Juli 2013,

1., 5.-7., 12.-16., 19.-25. August 2013,

4.-7., 9., 16., 21., 23. September 2013,

6.-9., 16., 18., 24. Oktober 2013,

31. Oktober bis 3. November 2013,

9.-10., 12.-13., 16.-17., 22.-24., 29.-30. November 2013,

2.-3., 6., 10.-17., 19.-22., 28.-31. Dezember 2013,

5., 14., 18.-19., 24.-26., 30. Januar 2014,

4., 8., 12.-14., 19.-20., 24. Februar 2014,

14.-16....

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