Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Versicherungspflicht. Vorruhestandsgeldbezug. Mindesthöhe. Unterschreitung. Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistung

 

Orientierungssatz

Zur Versicherungspflicht einer Bezieherin von Vorruhestandsleistungen in der Kranken- und Pflegeversicherung und zum Charakter des Vorruhestandsgeldes iS von § 5 Abs 3 SGB 5 und § 20 Abs 2 S 1 SGB 11.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2009; Aktenzeichen B 12 KR 13/08 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 04. November 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2005 geändert.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 01. Januar 1998 bis zum 31. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Bezuges von Vorruhestandsgeld durch die Beigeladene zu 2) unterlag.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu 2/3 zu erstatten.

Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung aufgrund des Bezuges von Vorruhestandsleistungen vom 01. Januar 1998 bis zum 31. Januar 2005 unterlag. Ausschlaggebend ist, ob eine Leistung der Beigeladenen zu 2) an die Klägerin, die als "Vorruhestandsgeld" bezeichnet wurde, ein solches im Sinne der gesetzlichen Regelungen über die Versicherungspflicht ist bzw. ob die Leistung 65 vom Hundert (v. H.) des letzten Bruttoarbeitsentgelts erreichte.

Die ... 1945 geborene Klägerin war bei der Beigeladenen zu 2) als Flugbegleiterin renten- aber nicht krankenversicherungspflichtig beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete am 31. März 1993 durch einen Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) vom 21. Oktober 1992. Darin war vereinbart, dass die Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine einmalige Abfindung von 66.000 DM erhielt und Vorruhestandsbezüge in Höhe von 60 Prozent des zuletzt gezahlten Grundgehaltes einschließlich des anteiligen 13. Gehaltes und des Urlaubsgeldes. Die Zahlung begann in dem Monat, in dem die Klägerin das 53. Lebensjahr vollendete, also erstmals für den Januar 1998. Die Zahlung endete nach dem Vertrag mit Ablauf des Monats der dem Monat vorausgeht, in dem die Klägerin zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersruhegeld bei der Beigeladenen zu 1) beantragen konnte. Die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sollte durch den ehemaligen Arbeitgeber erfolgen, der die Hälfte hiervon zu tragen sich verpflichtete. Das Bruttoentgelt in den Monaten Januar bis März 1993 betrug 17.344,00 DM, mithin 5.781,33 DM monatlich; die vereinbarte Vorruhestandsleistung 3.501,00 DM brutto monatlich.

Vom 01. April 1993 bis 31. Dezember 1997 bezog die Klägerin Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.

Die Beigeladene zu 2) zahlte Beiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung für die Klägerin.

Am 06. Februar 2001 teilte die Beigeladene zu 2) der Beklagten mit, eine interne Prüfung habe ergeben, dass sie die genannten Beiträge versehentlich gezahlt habe, ohne dass eine Verpflichtung hierzu bestanden habe. Anders sei die Lage in der Gesetzlichen Rentenversicherung, insoweit würden von der Beigeladenen zu 2) weiter Beiträge geleistet.

Mit Bescheid vom 14. November 2001 verfügte die Beklagte, dass die Klägerin nicht in der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beitragspflichtig sei, da sie kein Vorruhestandsgeld bezogen habe. Dies setze voraus, dass der Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei; davon könne jedoch im Fall der Klägerin nicht ausgegangen werden. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit dem am 23. Februar 2004 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2004 zurück und stellte nunmehr fest, die Klägerin habe ab 01. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterlegen. Die Klägerin habe vor Beginn der so genannten Vorruhestandsleistungen nicht der Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung, sondern wegen des Bezugs von Leistungen der damaligen Bundesanstalt für Arbeit unterlegen. Sie sei daher nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden gewesen.

Hiergegen hat sich die am 24. März 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen hat, entgegen der Auffassung der Beklagten sei Ziel der Vorruhestandsvereinbarung das endgültige Ausscheiden der Klägerin aus dem Berufsleben gewesen, so dass ein Vorruhestandsgeld im Sinne der gesetzlichen Regelungen über die Versicherungspflicht vorgelegen habe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. November 2001...

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