Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Arbeitslosengeldes. Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Teilzeit

 

Orientierungssatz

§ 112 Abs 5 Nr 4 S 1 und 2 AFG findet keine Anwendung, wenn der Verdienst aus der ABM-Beschäftigung höher ist, als das dem Arbeitslosengeld zuletzt zugrundegelegte Arbeitsentgelt. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der ABM um eine Teilzeitbeschäftigung handelt, die 80% der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ausmacht.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des der Klägerin ab 1. Januar 1995 bewilligten Arbeitslosengeldes (Alg).

Die am 1948 geborene Klägerin war bis 1991 beim Verlag "J" beschäftigt, bezog ab 1. Januar 1992 Alg, und zwar nach einem Monatslohn von 1.546,97 DM nach einem Bemessungsentgelt von 360,-- DM. Vom 1. März 1993 bis Ende Dezember 1994 war die Klägerin im ABM-Programm beschäftigt gemäß § 249 h Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Im Bemessungszeitraum, d.h. in den Monaten Juli bis Dezember 1994, arbeitete die Klägerin entgegen der üblichen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nur 32 Stunden wöchentlich, wobei sie in den Monaten Juli, August und September 1994 jeweils 2.674,34 DM erzielte, und in den Monaten Oktober, November und Dezember jeweils 2.741,19 DM. Die Beklagte bewilligte ab 1. Januar 1995 antragsgemäß Alg für eine vorläufige Anspruchsdauer von 364 Tagen, wobei die Beklagte ein Bemessungsentgelt von 620,-- DM zugrunde legte.

Gegen den Bewilligungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie u.a. geltend machte, das Alg sei nicht auf Bruttolohnbasis von 40 Stunden wöchentlich berechnet worden, sondern nach den tatsächlich geleisteten 32 Stunden pro Woche Darin liege ein Verstoß gegen § 112 Abs. 8 AFG.

Die Beklagte, die mit Änderungsbescheid des Arbeitsamtes VI Berlin vom 18. Januar 1995 einer anderen Beanstandung der Klägerin Rechnung tragend das Alg nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 % gewährte, wies mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 1995 den Widerspruch der Klägerin im übrigen -- als unbegründet -- zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Seiten 2 und 3 des Bescheides (Blatt 79, 80 LA) Bezug genommen. Ein Fall des § 112 Abs. 8 AFG liege jedenfalls nicht vor. Diese Vorschrift betreffe Fälle, in denen der Arbeitslose nach Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht mehr die volle tarifliche Arbeitszeit leisten könne.

Im Klageverfahren hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, daß in ihrem Falle das Alg nach § 112 Abs. 8 AFG zu bemessen sei. Hilfsweise komme eine Bemessung nach § 112 Abs. 7 AFG in Betracht.

Demgegenüber hat die Beklagte an ihrer im Widerspruchsbescheid dargelegten Rechtsauffassung festgehalten. Auch eine Bemessung nach § 112 Abs. 7 AFG müsse ausscheiden, denn die Verweisung von § 112 Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 AFG auf § 112 Abs. 7 AFG greife nur dann, wenn das vor der ABM erzielte und gegebenenfalls angepaßte Arbeitsentgelt nicht nur länger als drei Jahre zurückliege, sondern auch günstiger sei als das Regelbemessungsentgelt aus der ABM-Tätigkeit (Anwendung des § 112 Abs. 5 Nr. 4 Satz 1 AFG). Bei der Klägerin sei aber das Arbeitsentgelt der letzten sechs Monate während der Tätigkeit in der ABM höher gewesen als das dynamisierte Bemessungsentgelt der zuvor ausgeübten letzten Beschäftigung. Die Klägerin habe ab 1. Januar 1992 nach ihrer Tätigkeit im Verlag J Alg nach einem Bemessungsentgelt von 360,-- DM bezogen. Dieses hätte nach Dynamisierung ab 1. Juli 1994 590,-- DM betragen, wohingegen das Alg der Klägerin im Anschluß an die ABM-Tätigkeit mit 620,-- DM zu bemessen gewesen sei.

Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin letztendlich beantragt, die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23. Dezember 1994 und 18. Januar 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1995 zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 1995 Alg nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 790,-- DM zu gewähren.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 6. März 1997 verurteilt, der Klägerin ab 1. Januar 1995 Alg nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 790,-- DM zu gewähren. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht im wesentlichen ausgeführt, daß im Falle der Klägerin das Alg gemäß § 112 Abs. 7 AFG zu bemessen sei, wie sich aus § 112 Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 AFG ergebe, was vom Sozialgericht dann im einzelnen dargelegt wird.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Der Entscheidung des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Würde man der Auffassung des Sozialgerichts folgen, dann dürfte ein Vergleich des vor der ABM erzielten Arbeitsentgelts mit dem Arbeitsentgelt aus der ABM regelmäßig schon nicht mehr in Betracht kommen, sobald der Bemessungszeitraum zur Ermittlung des vor der Maßnahme erzielten Arbeitsentgelts länger als drei Jahre zurückliege. Eine Anwendung des § 112 Abs. 5 Nr. 4 Satz 1 AFG käme dann nicht mehr in Betracht. ...

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