Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen von Rente nach Art 2 RÜG mit SGB 6-Rente
Orientierungssatz
1. § 319b SGB 6 umfaßt sowohl das Zusammentreffen von Einzelansprüchen als auch von mehreren Ansprüchen nach Art 2 RÜG bzw den SGB 6, unabhängig davon, ob es sich um gleichartige oder ungleichartige Ansprüche (hier Versicherten- und Hinterbliebenenrente) handelt.
2. Bei einem gleichzeitigen Anspruch auf Rente nach Art 2 RÜG und nach dem SGB 6 wird nur die höhere Gesamtleistung nach dem SGB 6 erbracht.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 1994 über die Zahlung einer Altersrente nach Art. 2 § 4 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG).
Die 1934 geborene Klägerin beantragte im Februar 1993 die Gewährung von Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 21. Februar 1994 gewährte die Beklagte für den Zeitraum ab 1. Februar 1994 eine Rente auf der Grundlage des Art. 2 § 4 RÜG. Die beantragte Altersrente nach § 39 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) lehnte sie ab.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 1994 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum ab dem 12. Juli 1994 eine große Witwenrente nach § 46 SGB VI.
Mit Anhörungsschreiben vom 7. Mai 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe bei Überprüfung des Altersrentenbescheides vom 21. Februar 1994 festgestellt, daß die Zahlung der mit diesem Bescheid bewilligten Versichertenrente seit dem 1. August 1994 nicht mehr zulässig gewesen sei. Denn der Klägerin sei ab dem 12. Juli 1994 eine Hinterbliebenenrente nach dem SGB VI bewilligt worden, die nach § 319 b SGB VI eine Leistung nach Art 2 RÜG ausschließe. Weiter teilte die Beklagte mit daß sie beabsichtige, den Bewilligungsbescheid vom 21. Februar 1994 aus den genannten Gründen aufzuheben, soweit sich hieraus ein Anspruch auf die Auszahlung der Versichertenrente ergebe, und die Leistung der Versichertenrente ab 1. Juli 1996 einzustellen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 24. Mai 1996 und bat um einen Termin zur persönlichen Vorsprache.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1996 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Versichertenrente nach dem RÜG vom 21. Februar 1994 aus den vorgenannten Gründen auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) auf und stellte die Zahlung der Altersrente für die Zukunft, d.h. für die Zeit ab 1. Juli 1996, ein. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 1996 zurück.
Die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Gerichtsbescheid vom 18. August 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es u a. ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien durch § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gedeckt und damit rechtmäßig. Mit Gewährung der Hinterbliebenenrente durch den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 1994 sei in der Person der Klägerin eine für die Gewährung der Versichertenrente nach Art. 2 RÜG wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. Die Beklagte sei deshalb nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X zur Entziehung der Versichertenrente nach Art. 2 RÜG verpflichtet gewesen. § 319 b Abs. 1 SGB VI bestimme nämlich, daß bei Bestehen von Leistungsansprüchen nach dem SGB VI und nach dem Übergangsrecht für Renten nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets für denselben Zeitraum lediglich die Leistungen nach dem SGB VI erbracht würden. Ein Ermessen sei dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen, so daß bei Vorliegen einer Anspruchshäufung nach dem SGB VI und dem RÜG ein Wegfall der Leistung nach dem RÜG zwingend vorgeschrieben sei. Eine Differenzierung nach der Rentenart ergebe sich aus der Vorschrift nicht. Sofern die Klägerin geltend mache, sie habe darauf vertraut, auch in Zukunft eine Hinterbliebenenrente sowie eine Versichertenrente zu erhalten, so gehe dieser Einwand fehl. Denn ein Vertrauensschutz bestehe im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Folge man den mit dem angefochtenen Urteil festgestellten Auslegungen der Bestimmungen des § 319 b SGB VI, müsse die Frage aufgeworfen werden, ob sich diese Auslegung noch im rechtsstaatlichen Rahmen bewege. Die Klägerin regt zudem an, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte tritt dem angefochtenen Gerichtsbescheid bei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.
Die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ...