Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Familienversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragspflicht einer Abfindung. Beitragsbemessung. Beendigung. Arbeitsverhältnis

 

Orientierungssatz

1. Abfindungen, die bei fristgerechter Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, dienen nur der Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände, sind deswegen nicht Arbeitsentgelt und dienen somit nicht als Einnahmen zum Lebensunterhalt (vgl BSG vom 21.2.1990 - 12 RK 20/88 = BSGE 66, 219 = SozR 3-2400 § 14 Nr 2).

2. Eine Abfindung, die als sonstige Einnahme zum Lebensunterhalt für die Zeit nach dem Ende der Beschäftigung anzusehen ist, ist nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe eines in Anlehnung an § 117 Abs 2 und 3 AFG bzw § 143a SGB 3 bestimmten Arbeitsentgeltanteils der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Dies liegt darin begründet, dass der Empfänger einer Abfindung, der einer vorzeitigen, das heißt ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers erfolgten, Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustimmt, auf den ihm an sich bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zustehenden Arbeitsentgeltanspruch verzichtet, der ihm ansonsten als Einnahme zum Lebensunterhalt zur Verfügung stünde. Dieser Gesichtspunkt ist ausschlaggebend dafür, eine Abfindung grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt für die Beitragsbemessung heranzuziehen, zu dem bei Einhaltung der ordentlichen Kündigung das Beschäftigungsverhältnis geendet hätte.

3. Den og Abfindungen kommt eine besondere Zweckbindung zu, denn sie sind Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände. Zweckgebundene Leistungen sind auch unter der Geltung des § 240 SGB 5 von der Beitragsbemessung ausgeschlossen (vgl LSG Celle vom 15.6.1994 - L 4 Kr 212/93). Der Senat teilt diese Auffassung. Die og Abfindungen sind nicht unter den Begriff des Arbeitsentgelts zu fassen. Sie rechnen auch nicht zu den anderen in § 16 SGB 4 iV mit § 2 Abs 1 und 2 EStG genannten Arten der Einkünfte. Mithin können sie als sonstige Einnahmen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes nur Bedeutung gewinnen, wenn sie zum Lebensunterhalt im Sinne der Rechtsprechung zu § 180 Abs 4 S 1 RVO bestimmt sind (vgl BSG vom 28.4.1987 - 12 RK 50/85 = SozR 2200 § 180 Nr 36 und vom 23.2.1988 - 12 RK 34/86 = SozR 2200 § 180 Nr 39). Für die og Abfindungen, die also ausschließlich einen sozialen Anteil aufweisen, trifft dies wegen ihrer Zweckbindung als Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände nicht zu.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen B 12 KR 2/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. März 2003 wird zurückgewiesen.

Der Tenor des Urteils wird wie folgt gefasst:

Die Bescheide vom 14. September 2000 und 20. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. April 2001 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 08. September 2000 bis 31. Oktober 2001 aufgrund der Mitgliedschaft der Beigeladenen familienversichert war.

Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Familienversicherung des Klägers bzw. die Höhe der freiwilligen Beiträge im Zeitraum vom 08. September 2000 bis 31. Oktober 2001.

Der 1941 geborene Kläger ist der Ehemann der Beigeladenen, die im streitigen Zeitraum bei der Beklagten versichert war. Der Kläger war von Mai 1959 (erstmalige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) bis 31. Dezember 1997 bei der H. Elektrostahlwerke GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Eine freiwillige Krankenversicherung bestand seit wenigstens Juni 1991. Wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld war er vom 01. Januar 1998 bis 07. September 2000 bei der Beklagten pflichtversichert. Seit 01. November 2001 bezieht er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 2.616,78 DM (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 27. September 2001).

Der Kläger erhält seit 01. Januar 1998 eine Abfindung in monatlichen Teilbeträgen, die ab September 2000 4.492 DM monatlich beträgt. Sie beruht auf der Betriebsvereinbarung 2/96 zwischen der H. Elektrostahlwerke GmbH und dessen Betriebsrat vom 01. Februar 1996 (Sozialplan). Nach § 4 Ziffer 3.1 Sozialplan wird aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung nach §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz und § 3 Ziffer 9 Einkommensteuergesetz gezahlt, die sich aus 80 v. H. ab Vollendung des 55. Lebensjahres, 85 v. H. ab Vollendung des 57. Lebensjahres und 90 v. H. ab Vollendung des 58. Lebensjahres des durchschnittlichen Monatsnettoeinkommens errechnet. Hierauf werden u. a. Arbeitslosengeld und Beihilfen öffentlicher Stellen angerechnet, wenn sie wegen Verlustes des Arbeitsplatzes gewährt und für den gleichen Zeitraum bewilligt werden.

Im September 2000 beantragte der Kläger die Feststellung der Familienversicherung. Er gab an, kein Einkommen zu haben. Auf Veranlassung der Bekla...

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