Verfahrensgang
SG Potsdam (Urteil vom 18.02.1993; Aktenzeichen S 1 An 481/92) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Februar 1993 und der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 1992 aufgehoben.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten auch im Berufungsverfahren darum, ob dem Kläger über den 31. Juli 1991 hinaus die bis dahin gewährte Dienstbeschädigungs-Teilrente weiterhin zu zahlen ist.
Der am … 1933 geborene Kläger war bis November 1973 – zuletzt im Range eines Oberstleutnants – Angehöriger der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA). Wegen eines dienstbedingten Gesundheitsschadens am linken Knie (daneben bestand bereits damals eine Schwerhörigkeit durch Lärmeinwirkung als Schießausbilder) erhielt er eine Dienstbeschädigungs-Teilrente nach der Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 01. September 1982 (abgedruckt bei Aichberger II, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, Nr. 230). Ausgehend von einer monatlichen Bruttodurchschnittsbesoldung von 1.530 Mark bzw. DM und einem auf Grund ärztlicher Nachuntersuchung im November 1989 auf 40 v. H. heraufgesetzten Körperschaden infolge der Dienstbeschädigung wurde die Dienstbeschädigungs-Teilrente mit 459 DM errechnet (75 v. H. von 1.530 und davon 40 v. H.). Da der Kläger bereits seit längerem neben der Dienstbeschädigungs-Teilrente eine „nicht gleichartige” andere (Übergangs-)Rente und seit August 1987 wegen zusätzlicher – insbesondere interner – Leiden eine Invalidenrente bezog (Bescheid vom 21.07.1987) wurde seine Dienstbeschädigungs-Teilrente als die niedrigere Rente nur zur Hälfte gezahlt. Zuletzt ergab sich ein Zahlbetrag dieser Rente in Höhe von 230 DM.
Mit Bescheid vom 31.07.1991 und Widerspruchsbescheid vom 10.07.1992 wurde die Zahlung der Dienstbeschädigungs-Teilrente durch die Beklagte nach Maßgabe des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) zum 01. August 1991 eingstellt.
Mit seiner am 18.08.1992 eingegangenen Klage hat der Kläger u.a. geltend gemacht, er frage sich, warum jeder andere seine Unfallrente neben dem Gehalt erhalte, während sie ihm gestrichen worden sei. Hierin liege eine Ungleichbehandlung, die nicht gerechtfertigt sei, zumal er 21 Jahre Beiträge nach der Versorgungsordnung entrichtet habe, die höher gewesen seien als die der in der Sozialversicherung versicherten Personen.
Das Sozialgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 18.02.1993 abgewiesen: Da der Widerspruch eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung (unter Benennung des Kreisgerichts Potsdam-Stadt – Kammer für Sozialrecht) enthalten habe, sei die Klage innerhalb der danach maßgeblichen Jahresfrist eingegangen und damit zulässig (Hinweis auf § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Klage sei jedoch nicht begründet. Nach Anlage II zum Einigungsvertrag, Kap. VIII Sachgebiet H Abschn. III Nr. 9 Buchstabe c seien die Versorgungssysteme bis zu ihrer Überführung in die Rentenversicherung vom jeweiligen Funktionsnachfolger – hier der Beklagten – weiterzuführen gewesen. Für die Zeit nach dem 31.07.1991 bestimme § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG, daß eine Dienstbeschädigungs-Teilrente nicht mehr zu gewähren sei, wenn der Rentenempfänger eine Invalidenvollrente beziehe. Ein derartiges Zusammentreffen von Leistungen liege beim Kläger vor. Er erhalte zwar nicht – entsprechend der Überschrift zum § 11 „Anpassung von Versorgungsleistungen auf Grund vorzeitiger Entlassung” – Versorgungsleistungen auf Grund vorzeitiger Entlassung bei Erreichen besonderer Altersgrenzen oder bestimmter Dienstzeiten, § 11 Abs. 5 nehme jedoch keinen Bezug auf Abs. 1 dieser Vorschrift, enthalte daher eine selbständige Regelung. Hierin liege weder ein Verstoß gegen Artikel 14, noch gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG). Ein Schutz nach dem GG komme grundsätzlich nur für seit dem 03. Oktober 1990 erworbene Rechtspositionen in Betracht, weil das GG erst seither im Beitrittsgebiet gelte. Der Einigungsvertrag habe einen unbefristeten Schutz der Dienstbeschädigungs-Teilrenten nicht übernommen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, weil der Kläger nur mit anderen Berechtigten aus Sonderversorgungssystemen, nicht jedoch mit Berufssoldaten der Bundeswehr bzw. sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vergleichen sei, deren Versorgung sich nach anderen Vorschriften gerichtet habe. Schließlich sei auch der Zeitpunkt der Einstellung mit dem 01.08.1991 zutreffend, weil § 11 Abs. 5 Satz 5 AAÜG die Geltung der Einschränkungen ab 01.08.1991 ohne Anwendbarkeit des § 48 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) festlege. Im übrigen sei ein Anspruch des Klägers auf Rente aus der...