Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen der Versicherungsträger der privaten Pflegeversicherung im sozialgerichtlichen Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die an sich nur Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts betrifft, ist geboten.

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Beschluss vom 22.07.1997; Aktenzeichen S 20 P 387/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird derBeschluß desSozialgerichts für das Saarland vom22.07.1997 insoweit aufgehoben, als die Klägerin darin verpflichtet wird, der Beklagten deren notwendige außergerichtliche Kosten vor dem Sozialgericht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten nach Rücknahme der Klage deren außergerichtliche notwendige Kosten zu erstatten.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, privat pflegeversichert. Mit Schreiben vom 28.12.1995 teilte ihr die Beklagte mit, daß rückwirkend ab 01.04.1995 Pflegegeld nach Pflegestufe II gewährt werde. Mit Schreiben vom 08.01.1996 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein und beantragte die Einstufung in die Pflegestufe III. Durch Schreiben vom 27.03.1996 teilte die Beklagte mit, daß die Prüfung durch den Medizinischen Dienst ergeben habe, daß die Einstufung in Pflegestufe II bestehen bleiben müsse, da der notwendige tägliche zeitliche Pflegeaufwand von mindestens 5 Stunden, davon maximal 60 Minuten hauswirtschaftliche Versorgung, nicht erreicht werde. Am 24.04.1996 erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht S. mit dem Ziel einer Einstufung in die Pflegestufe III.

Durch Beschluß vom 11.06.1996 setzte das Amtsgericht Saarbrücken den Streitwert auf 15.750,– DM fest und verwies die Klage an das Landgericht S.. Dieses stellte durch Beschluß vom 19.09.1996 die Unzulässigkeit des Rechtsweges fest und verwies den Rechtsstreit an das Sozialgericht für das Saarland (SG). Das SG holte einen Befundbericht von Dr. F. und ein am 03.05.1997 erstattetes sozialmedizinisches Gutachten von Dr. H. ein, der den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege mit maximal 163 Minuten bewertete. In der mündlichen Verhandlung vom 11.06.1997 nahm die Klägerin daraufhin die Klage zurück.

Am 22.07.1997 hat das SG wie folgt beschlossen:

  1. „Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits vor den Zivilgerichten.
  2. Die Klägerin hat der Beklagten deren notwendige außergerichtlichen Kosten vor dem Sozialgericht zu erstatten.
  3. Eine Festsetzung des Gegenstandswertes für das sozialgerichtliche Verfahren erfolgt nicht.”

Zur Begründung der Entscheidung zu Ziffer 2) hat es ausgeführt, nachdem das sozialgerichtliche Verfahren durch Klagerücknahme seitens der Klägerin geendet sei, sei insoweit auf Antrag der Beklagten durch Beschluß zu entscheiden gewesen, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Eine Kostenfreiheit der Klägerin nach § 193 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei vorliegend nicht in Betracht gekommen, weil nach dieser Vorschrift nur die Aufwendungen der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig seien, bei der Beklagten es sich aber nicht um eine solche Institution handele, sondern um eine private Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit. Die nach § 193 Abs. 1 2. Halbsatz SGG zu treffende Entscheidung habe unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu erfolgen, wobei auch die Erfolgsaussichten der erhobenen Klage zu berücksichtigen seien. Im vorliegenden Rechtsstreit hätte die Klage unter Zugrundelegung des Ergebnisses des eingeholten sozialmedizinischen Gutachtens keinen Erfolg haben können. In Anbetracht dessen habe die Klägerin auch die Klage zurückgenommen. Es entspreche daher billigem Ermessen, ihr auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten vor dem Sozialgericht aufzuerlegen.

Gegen diesen ihr am 29.07.1997 zugestellten Beschluß hat die Klägerin mit am 07.08.1997 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen Ziffer 2) des Beschlusses wendet. Das SG hat der Beschwerde gem. Vermerk vom 27.08.1997 nicht abgeholfen und die Sache dem angerufenen Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Vorschrift des § 193 Abs. 4 SGG sei zu ihren Gunsten analogiefähig. Die im SGG enthaltenen Vorschriften über die Kostentragung berücksichtigten bislang nicht die Tatsache, daß für Streitigkeiten betreffend die private Pflegeversicherung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei, gleichwohl es sich bei der Beschwerdegegnerin um eine private Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit handele. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des zu beschreitenden Rechtsweges sei das bestehende Prozeß- und damit Kostenrisiko für die potentiellen Kläger nicht beachtet. Dies sei aber, insbesondere im Hinblick auf den bestehenden Kontrahierungszwang, dringend erforderlich. Es sei nicht ein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge