Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 1317. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln oder deren Gemische. Polyneuropathie oder Enzephalopathie. Wahrscheinlichkeit. zeitlicher Zusammenhang. erstmalige Feststellung der Erkrankungen und Verschlimmerung des Krankheitsbildes nach Expositionsende. Konkurrenzursache: Bluthochruck. Drucker
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 1317 weder in Form einer Polyneuropathie noch als Enzephalopathie mangels Nachweises, dass die Erkrankungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Expositionen zurückzuführen sind (haftungsbegründende Kausalität).
Nachgehend
Tenor
1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 19.05.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger an einer Berufskrankheit (BK) Nr. 1317 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösemittel oder deren Gemische - leidet.
Der Kläger wurde von 1968-1972 in der H.-Druckerei in Sa. zum Drucker ausgebildet, sowohl im Buchdruck als auch Offset. Nach dem Militärdienst im Jahr 1974 arbeitete er als Buchdrucker bis 1976, dann absolvierte er eine Ausbildung als Schwimmmeister bis 1979 und war anschließend bis 1991 Buchdrucker bei der S. Z. Von 1991-2006 war er Maschinenführer und Teamleiter (ab 1998) in der Fertigung von Zigarettenpackungen an Druckmaschinen (Firma MMP in T.).
Im Dezember 1998 erstellte Dr. Sch. wegen Atemnot und Schwindel eine BK-Anzeige nach Nr. 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen). Der Kläger habe Umgang mit Druckfarben und Lösungsmitteln und Beschwerden seit etwa Mitte bis Ende der Neunzigerjahre. Er leide unter einer Nahrungsmittelallergie und Heuschnupfen. Die Beklagte zog Unterlagen bei, so einen Bericht von Prof. Dr. Bu. vom 9.8.1995, der vermutete, die Kombination aus Lösungsmitteln, Vibrationen, Geräuschen und Stress am Arbeitsplatz könnten eine Reaktion des gesamten Systems von Herz und Kreislauf nach sich ziehen, weiter einen Bericht von Dr. Ga. vom 27.9.1995 mit einem dringenden Verdacht auf essenzielle arterielle Hypertonie mit Herzrasen, Kopfschmerzen und Schwindel, bedingt durch den Blutdruck; die grobe neurologische Untersuchung war ohne Befund. Weiter einen Bericht der CCT-Klinik H. J. in T. vom 11.7.1996 über einen Notfall am 9.7.1996 mit exazerbiertem Blutdruck, einen Bericht der Nervenklinik und Poliklinik der Uniklinik H., Abteilung Neurologie vom 22.8.1996 mit Kribbelparästhesien, bis auf eine diskrete Pallhypästhesie war die klinisch neurologische Untersuchung beider Beine unauffällig. Einen Hinweis auf eine Polyneuropathie durch Lösungsmittel sowie extrapyramidale Störungen fand die Klinik nicht. Dr. St. in He. berichtete am 27.1.1999 von einem unauffälligen neurologischen Befund bei seitengleichen Reflexen, keine sensiblen oder motorischen Störungen. Die Nervenleitgeschwindigkeit war unauffällig und ein Carpaltunnelsyndrom lag nicht vor.
Eine Arbeitsplatzanalyse der Beklagten vom März 2000 im Betrieb MMP unter Beteiligung des Klägers berichtete von 4 Offset-Druckmaschinen, bei denen Reinigungsarbeiten teilweise von Hand durchgeführt wurden. Von einer Einhaltung der Luftgrenzwerte sei auszugehen, im August 1999 hätten Messungen die Einhaltung der Grenzwerte für Isopropanol und Kohlenwasserstoffe bestätigt.
Im Gutachten vom 18.5.2000 konnte Dr. Da. einen Zusammenhang der bronchialen Erkrankungen des Klägers mit der beruflichen Exposition nicht mit Sicherheit feststellen. Es handele sich um ein anlagebedingtes Leiden.
Dr. Bi. berichtete am 3.12.2002 von seitengleichen Reflexen bei der neurologischen Untersuchung, ebenso von einer handschuh- und sockenförmigen Hypästhesie und Hyperpathie, wörtlich: „also Polyneuropathie“. Rötungen im Gesicht seien klassisch für alle Lösungsmittelberufe. Er verwies auf ein PET mit deutlichen Leistungsschäden, diese Untersuchung sei dank der Aktivitäten der Krankenkassen alleine von den Patienten zu bezahlen, es sei aber die genaueste technische Untersuchung, mit der man unwiderlegbar die zahllosen schweren Hirnschäden der Unterklasse in gefährlichen Berufen feststellen könne. Diese Methode habe in die Düsternis der Berufskrankheiten mehr Klarheit und mehr Recht gebracht, als es die Bemühungen der Berufsgenossenschaften über Jahrzehnte täten. Besonders liebevoll mit den Patienten und mit ihm gegenüber habe sich regelmäßig die BG Druck und Papier verhalten, Einzelheiten könne er sich sparen. Er diagnostizierte eine Neuropathie sowie weitere Erkrankungen und eine deutliche Wesensänderung. Es sei undenkbar, dass jemand gesund bleiben könne nach derartigen jahrz...