Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102. arbeitstechnische Voraussetzung. Merkblatt BK 2102. überdurchschnittliche oder häufig wiederkehrende Belastung der Kniegelenke bzw der Menisken während der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten. Mindestbelastung: 20 vH. Zimmerer. Dachdecker
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer beidseitigen Knieerkrankung eines Zimmerers und Dachdeckers als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen (hier Meniskusbelastung von 5 bis 15 vH Zeitanteil pro Arbeitsschicht)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 27.01.2020 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 2102 (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) der BK-Liste Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der am 1961 geborene Kläger hat in den Jahren 1977 bis 1980 den Beruf des Zimmerers erlernt und nach anschließendem 15-monatigem Grundwehrdienst in der Folgezeit bis September 1989 nahezu durchgängig als Geselle bei verschiedenen Zimmerei- und Dachdeckerbetrieben gearbeitet. Von September 1989 bis Juli 1990 besuchte der Kläger die 10-monatige Meisterschule in K.. Hieran schloss sich von Juli 1990 bis März 1994 wiederum eine abhängige Beschäftigung als Dachdecker an, bis sich der Kläger in seinem Beruf selbständig machte (April 1994 bis Juni 2002). In der Folge arbeitete der Kläger wiederum in verschiedenen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen als Dachdecker.
Unter Abzug des Grundwehrdienstes, des Meisterlehrgangs und einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit des Klägers (bis 22.04.2016) nach einem Arbeitsunfall vom 14.09.2015 betreffend das linke Kniegelenk mit operativer Behandlung vom 06.10.2015 im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 06.10.2015 bis 09.10.2015 in der Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädie des Marienkrankenhauses St. W. errechnete der Präventionsdienst der Beklagten insgesamt 32,3 Jahre beruflicher Tätigkeit als Dachdecker. Bei der ab September 2014 ausgeübten Beschäftigung bei der Zimmerei/Dachdeckerei R. St. in N.-W. handelt es sich um eine Halbtagsstelle; des Weiteren übt der Kläger ein Kleingewerbe aus.
Wegen des Schadensereignisses vom 14.09.2015 wurde dem Kläger keine Verletztenrente bewilligt.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15.03.2016 stellte der Kläger den Antrag, die beidseitige Knieerkrankung als Berufskrankheit nach Ziff. 2112 der BKV anzuerkennen, woraufhin die die Beklagte ein entsprechendes Feststellungsverfahren einleitete.
Im Rahmen dieses Verfahrens zog die Beklagte verschiedene Unterlagen/Befundberichte bei, veranlasste Röntgenaufnahmen betreffend das rechte Kniegelenk des Klägers und konsultierte ihren Beratungsarzt, den Facharzt für Chirurgie Dr. Sch., der unter dem 09.08.2016 eine Stellungnahme abgab.
Auf dessen Empfehlung hin veranlasste die Beklagte eine „Stellungnahme Arbeitsplatzexposition“ ihres Präventionsdienstes vom 22.09.2016 zur BK Nr. 2102, mit welcher der Zeitanteil meniskusbelastender Tätigkeiten pro Arbeitsschicht auf 5 - 15 % veranschlagt wurde. Weiter wurde von dem Gewerbearzt Dr. H. eine Stellungnahme (vom 08.10.2016) eingeholt.
Mit Bescheid vom 02.11.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nr. 2102 wegen Fehlens der arbeitstechnischen Voraussetzungen ab und verneinte das Vorliegen einer BK Nr. 2112 aus medizinischen Gründen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.2017 Klage mit dem Ziel der Anerkennung der BK Nrn. 2102 und 2112 erhoben.
Der Kläger hat eine Auflistung zu den von ihm ausgeübten knienden Tätigkeiten nebst Lichtbildern eingereicht; hierzu hat die Beklagte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes (vom 24.07.2017) vorgelegt. Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat Datenträger mit den einschlägigen Befunden bildgebender Verfahren beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten des Chefarztes der Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie MediClin B. Kliniken Prof. Dr. St. R., B. (erstattet am 11.06.2018) eingeholt. Auf Anforderung des SG hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme ihres Präventionsdienstes (vom 12.03.2019) eingereicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.01.2020 hat der Kläger seine Klage auf die Anerkennung der BK Nr. 2102 beschränkt.
Mit Urteil vom 27.01.2020 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und festgestellt, dass bei dem Kläger eine BK Nr. 2102 der BK-Liste Anlage 1 zur BKV hinsichtlich des linken Kniegelenks vorliege; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wes...