Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung eines Meniskusschadens als Berufskrankheit nach Nr. 2102 BKV
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2102 BKV ist der Nachweis einer mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeit erforderlich.
2. Ein Dachdecker ist kniebelastenden Tätigkeiten ausgesetzt.
3. Eine kniebelastende Tätigkeit, die lediglich 5 bis 10 % der regelmäßigen Arbeitszeit erreicht, ist nicht ausreichend, um die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 BKV zu erfüllen.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 16. April 2019 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben für das gesamte gerichtliche Verfahren einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten - streitig.
Der 1967 geborene Kläger absolvierte vom 01. September 1983 bis zum 14. Juli 1985 bei der S R Dachdeckerei in G eine Ausbildung als Dachdecker und war dort bis zum 13. Mai 1988 sowie anschließend, mit kurzen Unterbrechungen, bis zum 30. Juni 1993 bei verschiedenen Arbeitgebern als Dachdecker tätig. Vom 01. Juli 1993 bis zum März 2013 übte er die Tätigkeit des Dachdeckers bei der R und Söhne Dachdecker GmbH in G - seit August 1995 als Meister - aus. Nach eigener Einschätzung habe er ca. 4 Stunden pro Arbeitsschicht in kniender oder hockender Körperhaltung verbracht.
Der Kläger erlitt nach eigenen Angaben im Jahr 1983 eine Knieverletzung während des Sportunterrichts. Unterlagen hierzu konnten bei der behandelnden Klinik nicht mehr ermittelt werden. Ausweislich einer am 08. Januar 2004 erfolgten Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule war der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits dreimal an der Bandscheibe operiert und ihm unter anderem zwei Bandscheibenprothesen (L5/S1 und L4/L5) implantiert worden. Laut Auskunft der Krankenversicherung des Klägers bestand eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Bandscheibenoperationen und eingetretenen Komplikationen vom 17. März 2003 bis zum 30. September 2004.
Bei einer Röntgenuntersuchung des linken Knies am 29. September 2011 wurde eine medial betonte Verschmälerung des Gelenkspaltes festgestellt. Am 04. Oktober 2011 erfolgte im V Klinikum eine Arthroskopie des linken Knies. Dabei wurde u. a. ein großer degenerativer Lappenriss am Hinterhorn des medialen Meniskus, eine Chondropathie II. bis III. Grades am medialen Femurcondylus, eine Chondropathie II. Grades an der medialen Tibia und dem lateralen Tibiaplateau festgestellt. Es erfolgten eine Teilresektion des medialen Meniskushinterhorns und eine Knorpelglättung.
Bei einem am 12. Januar 2012 gefertigten MRT wurden u. a. ein Zustand nach Innenmeniskusteilresektion, eine mediale Meniskospathie III. bis IV. Grades, eine aktivierte mediale Gonarthrose, ein sternförmiger Riss des Hinterhorns des Innenmeniskus, eine geringe Chondropathie des medialen Tibiakopfes und ein fraglicher Zustand nach früherer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes festgestellt.
Mit Schreiben vom 29. Februar 2012, eingegangen bei der Beklagten am 02. März 2012, zeigte die Krankenkasse des Klägers der Beklagten anlässlich der seit dem 04. Oktober 2011 wegen einer Binnenschädigung des Kniegelenks und wegen Bandscheibenschäden bestehenden Arbeitsunfähigkeit den Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit bei dem Kläger an. Parallel stellte der Kläger ebenfalls mit am 02. März 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit unter anderem auf Grund bestehender starker Schmerzen im linken Knie.
Auf einem Vordruck der Beklagten nahm der Kläger am 13. Mai 2012 zu seiner beruflichen Tätigkeit Stellung. Die Beklagte holte ein Vorerkrankungsverzeichnis von der C, bei der der Kläger vom 01. Juni 2000 bis zum 30. November 2005 krankenversichert war, sowie der I, bei der der Kläger vom 23. September 1991 bis zum 31. Mai 2000 sowie vom 01. Dezember 2005 bis zum 30. Mai 2011 versichert war, ein. Danach hatten keine Behandlungen wegen einer Meniskuserkrankung stattgefunden. Weiter holte die Beklagte einen Befundbericht von dem Facharzt für Orthopädie im Forum Gesundheit M vom 27. Juni 2012 ein. Danach hatte der Kläger sich dort erstmalig am 10. November 2011 und letztmalig am 02. April 2012 vorgestellt und über Schmerzen nach einer Arthroskopie im linken Knie geklagt. Es hätten ein Streckdefizit und eine sichtbare Schwellung vorgelegen. Die Allgemeinmedizinerin Dr. S, bei der der Kläger seit dem 28. August 2011 in Behandlung war, führte in dem von ihr eingeholten Befundbericht vom 04. Juni 2012 aus, dass der Kläger seit September 2011 wegen Schmerzen im linken Kniegele...