Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewaltopferentschädigung. vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff. Beweiswürdigung. Beweislast. Beweiserleichterung. widersprüchliche Angaben zum Tathergang. Opferentschädigung. Nachweis des schädigenden Ereignisses. Freie Beweiswürdigung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 15 Satz 1 KOV – VfG sind die Angaben des Klägers, der behauptet, Opfer eines Angriffs geworden zu sein, im Wege der freien Beweiswürdigungen zu berücksichtigen. Sind die Angaben zum Tathergang aber nicht widerspruchsfrei und damit nicht geeignet, den von ihm behaupteten Tathergang als einzig denkbaren zu belegen, geht dies zu Lasten des Klägers. Dieser muss den Nachweis des schädigenden Ergebnisses erbringen.

 

Normenkette

OEG § 1 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 3; KOV-VfG § 15 S. 1; SGG § 128

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 28.01.2005)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 28. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am Neujahrstag 1999 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden ist und ihm deshalb Leistungen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. Januar 1985 (BGBl I, 1) zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des OEG und anderer Gesetze vom 06. Dezember 2000 (BGBl I, 1676) und durch Art. 10 Nr. 11 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I, 1950) zu gewähren sind.

Der am 12. Mai 1964 geborene Kläger leidet von Geburt an an Zwergwuchs, einem Hydrozephalus und an einem Megaureter.

Im Dezember 1968 und im Oktober 1970 wurden beim Kläger Spitz-Holter-Ventile implantiert. Der Kläger berichtete 1979 nach einem Sturz beim Schlittschuhlaufen über eine starke Visusminderung links.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1979 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 festgestellt. Die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen „G”) gemäß Ziff. 30 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, jetziger Rechtsstand: 2004, (AHP), wurden bejaht.

Dabei ging der Beklagte von folgenden Behinderungen aus:

  1. operierter Hydrozephalus;
  2. Zwergwuchs;
  3. O-Beinstellung; Wackelknie.

Auf einen Neufeststellungsantrag wegen Verschlimmerung seiner Leiden im Januar 1995 wurde der Leidenskatalog um die Behinderung „Sehminderung links” erweitert; es blieb bei dem festgestellten GdB und dem Merkzeichen „G”.

Auf einen weiteren Neufeststellungsantrag wegen Verschlimmerung seiner Leiden im Juli 1999 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Oktober 1999 einen GdB von 100 sowie die Voraussetzungen der Merkzeichen „G”, Merkzeichen „B” (Notwendigkeit ständiger Begleitung gemäß Ziff. 32 AHP) und Merkzeichen „RF” (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß Ziff. 33 AHP) fest. In den Leidenstenor nahm der Beklagte nunmehr die Sehminderung beidseits auf.

Bereits Ende 1998, Anfang 1999 sind beim Kläger Kopfschmerzen und Sehstörungen dokumentiert (vgl. Befundbericht des Dr. T., Internist, S., vom 19. August 1999).

Der Kläger war Verwaltungsfachangestellter beim Sozialamt der Stadt S.. Er bezieht von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit 01. Dezember 1999 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Bescheid vom 31. Januar 2001).

In der Silvesternacht zum 01. Januar 1999 besuchte er das ihm nach eigenen Angaben wohlbekannte Lokal „S.T.” in der R. Straße in S.. Nach seinen eigenen Einlassungen verließ er das Lokal gegen 4:30 Uhr. Er habe im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr bis 4:00 Uhr morgens Getränke und auch Speisen im Wert von 62,– DM verzehrt. An alkoholischen Getränken habe er 10 bis 20 Bier á 0,2 Liter und 6 Cocos zu sich genommen. Er habe sich von der Wirtin, der Zeugin D., u.a. mit den Worten verabschiedet, ihr, der Zeugin, Mann habe eine „Scheißmusik” gemacht. Das Restgeld nach Begleichung der Rechnung habe er, der Kläger, wieder in die vordere Hosentasche gesteckt. Er habe an diesem Abend eine Armbanduhr, Marke J., Nr. 0., im Wert von 990.–DM mit schwarzem Zifferblatt und vier Zahlen darauf abgebildet getragen, die er seit der Sylvesternacht vermisse. Nach dem Verlassen des Lokals habe jemand auf ihn eingetreten und, während er am Boden gelegen sei, mit Gewalt an seinem Arm gezogen. An weitere Einzelheiten erinnere er sich nicht mehr.

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