nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 30.11.2001; Aktenzeichen S 28 VG 31/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 30. November 2001 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. November 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1998 verur- teilt, dem Kläger wegen der Folgen der Gewalttat vom 28. März 1997 Heilbehandlung in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu ¾ zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Heilbehandlung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Strei-tig ist, ob er Opfer einer Gewalttat geworden ist.
Der 1969 geborene Kläger wurde am frühen Morgen des 28. März 1997 mit Kopfverlet-zungen in das Zentralkrankenhaus (ZKH) I. in Bremen eingeliefert. Festgestellt wurde der Verlust der Zähne 21 und 22, ein Bluterguss im rechten Ohr und eine starke Prellung an der linken Stirn. Eine knöcherne Gesichtsverletzung konnte röntgenologisch ausge-schlossen werden. In dem Polizeibericht heißt es, die Polizeibeamten seien zu dem Lokal J. beordert wor-den, da dort eine verletzte Person vor der Tür liege. Vor Ort habe man den Kläger am Taxistand stehend angetroffen. Aufgrund des stark alkoholisierten Zustandes und der Verletzungen habe der Kläger nicht weiter zur Tat befragt werden können. Er habe ledig-lich sagen können, dass er geschlagen worden sei. Tatzeugen hätten nicht ermittelt wer-den können. Auf telefonische Rücksprache am Folgetag habe der Kläger mitgeteilt, dass er im angetrunkenen Zustand das Lokal J. habe aufsuchen wollen, allerdings keinen Einlass erhalten habe. Er habe sich sodann in das nebenan liegende Lokal K. begeben. Es könne sein, dass er dort ein Getränk umgestoßen habe, jedenfalls sei er plötzlich von drei Personen gegriffen und hinausgeworfen worden. Vor der Tür habe er von einer Per-son drei Faustschläge ins Gesicht erhalten, während die beiden anderen daneben ge-standen hätten. Er wisse nicht, ob er die drei Täter wiedererkennen würde. Der Kranken-hausarzt habe ihm angesichts der Verletzungen gesagt, dass der Täter einen Gegens-tand in der Hand gehalten haben müsse. Er - der Kläger - könne sich aber nicht mehr erinnern. In einem weiteren Telefongespräch am 15. April 1997 teilte der Kläger der Polizei mit, er könne seinen bisherigen Angaben nichts hinzufügen. An den konkreten Vorfall habe er keinerlei Erinnerungen. Einen konkreten Tatverdacht könne er nicht äußern. Nachdem Zeugen des Vorfalls von der Polizei nicht ermittelt werden konnten, wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Im April 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten Versorgung nach dem Opferent-schädigungsgesetz (OEG) und gab an, er sei in Bremen, L., von noch nicht ermittelten Tätern grundlos brutal zusammengeschlagen worden. In dem ihm daraufhin übersandten Antragsvordruck schilderte er den Tathergang dahingehend, dass er sich auf dem Weg zum Taxistand M. befunden habe, als ihm ein Unbekannter grundlos mit der Faust mehrmals ins Gesicht und seitwärts an den Kopf geschlagen habe. Er sei gefallen und zunächst liegengeblieben. Dann habe er sich zum Taxistand geschleppt, wo schnell ein Rettungswagen und Polizei eingetroffen seien. Der Kläger legte ferner ein Schreiben der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des ZKH I. vom 25. August 1997 vor. Darin heißt es, der Kläger habe sich im Rahmen eines Rohheitsdelikts eine Totalluxation der Zähne 21 und 22 zugezogen. Therapeutisch sei von Seiten der Klinik eine primäre Wundversorgung durchgeführt worden. Später sei die Zahnlücke 21 und 22 mittels einer provisorischen Klammerprothese versorgt worden. Eine dauerhafte Versorgung der Oberkieferfrontzahnlücke mittels einer abnehmbaren Konstruktion bzw. einer gegossenen Klammerprothese lehne der Kläger jedoch ab, da er diese weder kaufunktionell noch unter psychosozialem Aspekt als ausreichend ansehe. Er wünsche eine festsitzende, implantatgetragene Lösung. Eine konventionelle Brücken-konstruktion komme für ihn nicht in Betracht. Bei der klinischen Untersuchung zeige sich in Regio 12 bis 21 ein traumatisch bedingter Substanzverlust des Alveolarknochens in vestibulo-oraler Richtung. Da es sich bei implantologischen Maßnahmen um außerver-tragliche Leistungen handele, werde diese Versorgung mit dem Kläger privatärztlich ab-gerechnet. Beigefügt war ein Heil- und Kostenplan, in dem die Kosten mit insgesamt 8.663,82 DM beziffert wurden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. November 1997 lehnte die Beklagte den An-trag ab. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger am 28. März 1997 Opfer einer Gewalttat geworden sei. Es habe anhand der Angaben des Klägers nicht geklärt werden können, wie es zu den Verletzungen gekommen sei. Der ohne Begründung eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 1998).
Hiergegen hat der Kläger am 8. Juni 1998 Klage e...