Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Erhebung eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags bei Arbeitslosengeld II-Beziehern. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Gegen die Heranziehung von Personen, die Leistungen nach dem SGB 2 beziehen, als Beitragsschuldner des Zusatzbeitrags bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 2a, § 175 Abs. 4 S. 4, § 242 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2, §§ 242a, 251 Abs. 6 Sätze 1-3, § 271 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Erhebung eines kassenindividuellen Zusatzbeitrages.
Der Kläger ist als Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Diese teilte ihm im Februar 2010 mit, dass sie ab sofort einen Zusatzbeitrag in Höhe von 8 € monatlich erhebe, und belehrte ihn über sein Sonderkündigungsrecht. Mit Bescheid vom 1. Juni 2011 machte die Beklagte ihre Forderung für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 30. April 2011 in Höhe von € 120,80 geltend. Mit weiterem Bescheid vom 12. September 2011 machte sie einen Betrag von insgesamt € 165,60 für Beiträge in der Zeit vom 1. Februar 2010 bis 31. Juli 2011 nebst Verspätungszuschlag und Mahngebühren geltend. Auf die Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes zahlte der Kläger diesen Betrag im Januar 2012.
Am 20. Januar 2012 hat er Klage erhoben, die von der Beklagten als Widerspruch gegen die Bescheide vom 1. Juni 2011 und 12. September 2011 gewertet wurde, den sie mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 zurückwies.
Im Rahmen des Klagverfahrens hat der Kläger vorgetragen, dass er als Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht über die finanziellen Mittel verfüge, um den Zusatzbeitrag zu zahlen. Die Erhebung des Zusatzbeitrages bei Empfängern staatlicher Grundsicherung verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip und den allgemeinen Gleichheitssatz. Es sei ihm auch nicht zuzumuten, den kassenindividuellen Zusatzbeitrag durch Ausübung seines Sonderkündigungsrechts abzuwenden, denn er leide unter einer Augenerkrankung und könne somit nicht riskieren, auch nur einen Tag ohne Krankenversicherungsschutz zu sein. Ein solcher Ausfall des Krankenversicherungsschutzes habe jedoch gedroht, da keine andere Krankenkasse bereit sei, einen chronisch kranken Versicherten aufzunehmen. Auch ergebe sich aus dem Tätigkeitsbericht des Bundesversicherungsamtes für das Jahr 2012 eine gute wirtschaftliche Lage der Krankenkassen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. März 2014 abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe den kassenindividuellen Zusatzbeitrag sowie den Verspätungszuschlag und die Mahngebühren zu Recht erhoben. Dies ergebe sich für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2010 aus § 242 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung in Verbindung mit § 14 der Satzung der Beklagten in ihrer seit 1. Januar 2010 geltenden Fassung. Für die Zeit ab 1. Januar 2011 beruhe die Beitragserhebung auf § 242 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit diesem Zeitpunkt geltenden Fassung, wonach die Krankenkasse, soweit ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt sei, ihrer Satzung zu bestimmen habe, dass von ihren Mitgliedern ein einkommensunabhängiger Zusatzbeitrag erhoben werde. Dies gelte nach § 242 Abs. 4 Satz 1 SGB V auch für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherten Mitglieder. Sei der Zusatzbeitrag nach § 242 Abs. 1 Satz 1 SGB V höher als der nach § 242a SGB V vom Bundesministerium für Gesundheit festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag der Krankenkassen, so könne die Krankenkasse in ihrer Satzung regeln, dass die Differenz von den nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherten Mitgliedern zu zahlen sei. Da der Zusatzbeitrag nach § 242 Abs. 1 SGB V gemäß § 14 Abs. 1 der Satzung der Beklagten in ihrer ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung weiterhin 8 € monatlich und der nach § 242a SGB V festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag in den Jahren 2011 und 2012 null Euro (Bundesanzeiger Nr. 1/2011 vom 3.1.2011 sowie Nr. 164/2011 vom 28.10.2011) betragen habe, liege die Differenz bei 8 € monatlich. Nach § 251 Abs. 6 Satz 2 SGB V werde nur der nach § 242 Absatz 4 Satz 1 SGB V erhobene Zusatzbeitrag aus den Mitteln der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds nach § 271 Absatz 2 SGB V aufgebracht. Eine nach § 242 Absatz 4 Satz 2 SGB V erhobene Differenz zwischen dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag und dem Zusatzbeitrag nach § 242a SGBV sei dagegen nach § 251 Abs. 6 Satz 3 SGB V von den genannten Mitgliedern selbst zu tragen. Soweit der Kläger demgegenüber auf die gute wirtschaftliche Situation der gesetzlichen ...