Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende bei Zweitausbildung
Leitsatz (amtlich)
Vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II werden auch Auszubildende erfasst, die eine Zweitausbildung durchlaufen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Februar 2008 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die am 11. Februar 2008 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Februar 2008, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 SGG) und auch begründet.
Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG). Der durch den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Sicherung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Antragsteller hat die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) nicht glaubhaft gemacht. Einem solchen Anspruch steht nämlich die Regelung des § 7 Abs. 5 SGB II entgegen, wonach Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II haben. Dies ist bei dem Antragsteller der Fall.
Eine berufliche Ausbildung ist nach § 60 Abs. 1 SGB III förderungsfähig, wenn sie in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Die von dem Antragsteller seit dem 1. Februar 2006 durchgeführte Ausbildung zum Fachinformatiker erfüllt diese Voraussetzungen und ist daher dem Grunde nach förderungsfähig.
Dem steht nicht entgegen, dass es sich im Falle des Antragstellers um eine Zweitausbildung handelt. Zwar bestimmt § 60 Abs. 2 S. 1 SGB III, dass grundsätzlich nur die erstmalige Ausbildung förderungsfähig ist, dies betrifft jedoch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts, wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, nicht die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach.
Die Gegenauffassung wird im Wesentlichen mit der systematischen Verankerung der Erstausbildung als Förderungsvoraussetzung in § 60 Abs. 2 SGB III begründet, während der förderungsfähige Personenkreis und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen in den §§ 63, 64 SGB III enthalten seien (LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.5.2007 - L 2 AS 82/06 - NDV-RD 2007, S. 89 ff., 91). Dies ist indes im Hinblick auf die unterschiedliche Zielsetzung der Vorschriften nicht zwingend. Die in § 60 Abs. 2 SGB III enthaltene Beschränkung auf Erstausbildungen dient lediglich der Abgrenzung zur beruflichen Weiterbildung, deren Förderung in den §§ 77 ff. SGB III von anderen Voraussetzungen abhängig gemacht wird.
Die in § 7 Abs. 5 SGB II enthaltene Regelung soll demgegenüber sicherstellen, dass im BAföG sowie im SGB III abschließend geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen eine Ausbildung förderungsfähig ist. Es soll insbesondere ausgeschlossen werden, dass eine Ausbildungsförderung auf einer “zweiten Ebene„ durch das SGB II erfolgt. Damit wäre es unvereinbar, wenn für eine Ausbildung, die an sich nach dem BAföG oder dem SGB III förderungsfähig ist, dies aber ausgeschlossen ist, weil im konkreten Fall eine Zweitausbildung vorliegt, dennoch Leistungen nach dem SGB II gewährt würden. Der Grund, aus dem der Hilfeberechtigte nicht nach dem SGB III oder dem BAföG gefördert wird, muss sich aus seiner Person und nicht der Art der Ausbildung ergeben (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 7 Rn. 87). Für den Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II kommt es daher nur darauf an, dass die Ausbildung als solche gefördert werden könnte, auch wenn der Betroffene konkret aufgrund der näheren Bestimmungen keinen Förderungsanspruch hat. Die Frage, ob eine Ausbildung eine Zweitausbildung darstellt, ist dabei eine Frage des konkreten Einzelfalles, die an der abstrakten Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach § 60 Abs. 1 SGB III nichts ändert (OVG Bremen, Beschl. v. 20.8.2007 - S 1 B 68/07 - NDV-RD 2007, S. 109 f., 110); LSG Hessen, Beschl. v. 15.3.2007 - L 7 AS 22/07 ER - NDV-RD 2007, S. 101 ff., 103; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 8.5.2006 - L 6 AS 136/06 ER - Juris Rn. 10-12; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. ...