Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die rechtmäßig festgesetzte Umlage eines Landesverbandes der gesetzlichen Krankenkassen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 210 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 SGB 5 müssen Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel eines Landesverbandes der Krankenkassen in dessen Satzung enthalten sein. Die außerhalb der Satzung erfolgende Feststellung des konkreten Umlagebedarfs ermächtigt den Landesverband infolgedessen nicht zur Erhebung der Umlage. Hierzu bedarf es vielmehr der Einhaltung der Satzungsvorschriften über die Aufbringung der Mittel.

2. Das BSG hat in seinem Urteil vom 25.6.2002 entschieden, dass im Zusammenhang mit der durch die Umlage finanzierten Verbandstätigkeit vom Gericht zu prüfen ist, ob sich die in einem Bescheid ausgesprochene Rechtsfolge innerhalb des von der Ermächtigungsgrundlage vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn der konkrete Umlagebedarf des Verbandes in der Satzung festgestellt ist.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Umlage, die vom Beklagten zur Finanzierung der Beigeladenen erhoben wurde.

Die Klägerin war bis zum 2. September 2008 Mitglied des BKK-Landesverbandes N., aus dessen zum 1. Juli 2010 erfolgter Fusion mit dem BKK-Landesverband N1 der jetzige Beklagte hervorgegangen ist. Die Beigeladene ist eine juristische Person des Privatrechts, die zum 1. Januar 2008 von 137 der damals 188 Betriebskrankenkassen sowie acht Landesverbänden der Betriebskrankenkassen - u.a. den Rechtsvorgängern des Beklagten - gegründet wurde und deren Zweck nach Angaben des Beklagten darin liegt, zumindest funktionell an die Stelle des (durch Gesetz inzwischen ebenfalls in private Rechtsform überführten) BKK-Bundesverbandes zu treten. Die Aufbringung der Mittel zur Finanzierung der Leistungen der Gesellschaft erfolgte jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 20 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages u.a. durch Beiträge der Gesellschafter der Gesellschaftergruppe der Landesverbände. Der Verwaltungsrat des Beklagten fasste hierzu in seiner Sitzung am 10. Dezember 2007 den Beschluss, für die Finanzierung der systembezogenen Aufgabenwahrnehmung durch die Beigeladene sei für Bemessung und Fälligkeit § 20 des Gesellschaftsvertrages maßgeblich. Für das Haushaltsjahr 2008 würden voraussichtlich 0,35 Euro pro Versichertem erhoben. Auf dieser Grundlage forderte der Beklagte sodann mit Bescheiden vom 14. April 2008 und 21. Juli 2008 von der Klägerin jeweils 20.514,59 Euro.

Die hiergegen am 14. Mai 2008 und 20. August 2008 erhobenen Klagen hat das Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 11. November 2009 hat es die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Die Klage sei als gegen die Umlagebescheide gerichtete Anfechtungsklage statthaft und zulässig. Die Klägerin habe sich nicht vorrangig im Wege einer gegen die Verbandstätigkeit gerichteten Untätigkeitsklage wehren müssen, da es sich bei der in den Bescheiden festgesetzten Umlage um einen Sonderbeitrag im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handele. Die Klage sei auch begründet. § 19 Abs. 1 der Satzung des damaligen Beklagten (i.F.: Satzung a.F.) scheide als Ermächtigungsgrundlage aus, da die Umlage nicht der Finanzierung allgemeiner Verbandsaufgaben diene. Dies werde schon daran deutlich, dass die Umlage in gesonderten Bescheiden aufgrund der von der Beigeladenen vorgenommenen Abrechnung erfolge. Da die Beigeladene konkret ihren offenen Finanzbedarf und den Anteil des Beklagten, der mittelbar vollständig durch die Umlage von dessen Mitgliedskassen gedeckt werde, benenne, handele es sich um einen Sonderbeitrag, denn der Beitrag sei so eng mit einem Vorhaben verknüpft, dass eine Verwendung für andere Zwecke ausscheide; er werde eigens zu dem Zweck erhoben, eine bestimmte Aufgabe finanzieren zu können. Auch die äußere Form der Beitragserhebung spreche dafür, denn während § 19 Abs. 1 und 2 der Satzung a.F. die Beitragszahlung in 12 monatlichen Raten vorsähen, werde die Umlage für die Tätigkeit der Beigeladenen in Form eines Vorschusses sowie einer Schlusszahlung nach Endabrechnung durch Einziehung vom Mitgliedskonto erhoben. Auf § 19 Abs. 7 der Satzung a.F. ließen sich die angefochtenen Bescheide nicht stützen, da die Klägerin weder Gesellschafterin der Beigeladenen sei noch deren Leistungen nutze.

Gegen das ihm am 15. März 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 13. April 2010 Berufung eingelegt. Die Klage sei bereits unzulässig. Die Frage nach der gerichtlichen Prüfungsdichte betreffe die Zulässigkeit und nicht erst die Begründetheit der Anfechtungsklage. Das Sozialgericht sei zu Unrecht von einem Sonderbeitrag ausgegangen. Es fehle an der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlichen engen Verknüpfung des Bei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?