Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens "G"
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" wegen einer erheblichen Beeinträchtigung seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr hat derjenige Schwerbehinderte, der infolge der Einschränkung seines Gehvermögens Wegstrecken von 2 km Länge bei einer Fußwegdauer von etwa einer halben Stunde nicht mehr zurückzulegen vermag, vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 1987 - 9a RVs 11/87.
2. Ist der Schwerbehinderte in einer Weise psychisch erkrankt, die ihn daran hindert, am öffentlichen Straßenverkehr überhaupt teilzunehmen, so ist er in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern aus anderen, nicht zu berücksichtigenden Gründen beeinträchtigt. Die Fälle der die Fortbewegungsfähigkeit beeinträchtigenden Gründe, welche bei der Zuerkennung des Merkzeichens "G" einbezogen werden dürfen, sind abschließend geregelt. Hindern ausschließlich Angstzustände eine Bewegung auf der Straße, so ist das Merkzeichen "G" nicht zuzuerkennen, vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 7/06 R.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" streitig.
Der am XXXXX 1956 geborene Kläger ist p. Staatsangehöriger t. Nationalität. Er stellte am 26. November 2001 einen Erstantrag nach dem Schwerbehindertengesetz und wies auf eine Psoriasis, ein HWS- und LWS-Syndrom und eine Medikamentenabhängigkeit hin. Mit Bescheid vom 28. Februar 2002 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 zuerkannt wegen einer Hauterkrankung (Teil-GdB 20), einer Arthropathie und eines Schmerzsyndroms (Teil-GdB 20) sowie einer Schlafstörung (Teil-GdB 10). Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2002 wurde der GdB mit Blick auf ein hinzugetretenes psychisches Leiden (Teil-GdB 20) auf 40 erhöht. Mit Neufeststellungantrag vom 23. Januar 2003 machte der Kläger geltend, es sei ein psychisches Leiden hinzugetreten. Eine von der Beklagten eingeholte gutachtliche Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin Dr. Z. vom 10. August 2003 gelangte unverändert zu einem GdB von 40 (Teil-GdB 30 für Psoriasis mit Gelenkbeteiligung, 20 für Bandscheibenschaden/chronisches Schmerzsyndrom, 20 für psychische Minderbelast-barkeit), so dass die begehrte Neufeststellung mit Bescheid vom 19. September 2003 abgelehnt wurde. Mit Neufeststellungsbescheid vom 7. April 2004 wurde ab 26. November 2001 ein GdB von 60 zuerkannt. Hierbei wurden eine Psoriasis mit einem Teil-GdB von 30, ein Bandscheibenschaden sowie ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 20 und eine psychische Minderbelastbarkeit mit einem Teil-GdB von 50 berücksichtigt. Eingang in die Beurteilung fand ein Befundbericht des Facharztes für Psychiatrie Dr. T. vom 10. November 2003, der eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie und eine mittelgradige depressive Störung diagnostizierte.
Am 1. Juli 2005 und mit Ergänzung hierzu vom 11. Juli 2005 stellte der Kläger wiederum einen Neufeststellungantrag und begehrte auch die Zuerkennung des Merkzeichens "B". Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Oktober 2005 ab und stellte dabei fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B" nicht vorlägen. Hierbei legte sie einen Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 15. August 2005 zugrunde, der die Diagnosen Benzodiazepinabhängigkeit, Alkoholmissbrauch, einen Verdacht auf Angst und Depression gemischt sowie akute Halluzinationen angab. Zugrunde gelegt wurde ferner ein Bericht des Klinikums N. über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 7. Juni bis 13. Juni 2005, der die Diagnosen Alkohol- und Benzodiazepinintoxikation, Benzodiazepinabhängigkeit, Verdacht auf generalisierte Angststörung, Psoriasis sowie Zustand nach Sturz mit Schmerzen in beiden Schultergelenken enthält. Gegen die Ablehnung der Zuerkennung des Merzeichens "B" erhob der Kläger Widerspruch. Nach weiterer Sachaufklärung auf dem orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet (Beiziehung eines Berichts über die operative Versorgung eines Impingementsyndroms) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2006 zurück. Das Merkzeichen "B" könne nur in Zusammenhang mit dem Merkzeichen "G" vergeben werden, dessen Voraussetzungen in Gestalt einer erheblichen Gehbehinderung jedoch bei dem Kläger nicht vorlägen.
Mit seiner daraufhin fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" begehrt. Er hat eingeräumt, dass er nicht im engeren Sinne gehbehindert sei, weil er physiologisch in der Lage sei,...