Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder. Berücksichtigung von Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto
Leitsatz (redaktionell)
Die Bemessung der Höhe der Beiträge zur Versicherung bemisst sich nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler. Nach § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz sind der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Das Vermögen wird dabei zwar nicht umfasst, der Beitragspflicht unterliegen aber die Erträge, die aus ihm erzielt werden.
Orientierungssatz
Ausschüttungen aus einem Einlagenkonto, die vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid als Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrachtet wurden, sind bei der Beitragsbemessung zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen.
Normenkette
BeitrVerfGrsSz § 3 Abs. 1; SGB V § 240 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1, § 223; EStG §§ 22-23, 17; SGB X § 44
Tenor
Die Berufung des Klägers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts wie folgt gefasst wird:
Die Bescheide vom 2. Mai 2019 und vom 17. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2020, sowie der Bescheid vom 17. Juni 2021 werden dahingehend geändert, dass die Beiträge des Klägers als sonstiger freiwillig Versicherter in Höhe von 417,71 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2009 festgesetzt werden und dem Kläger weitere 91,14 Euro sowie 4% Zinsen hierauf ab dem 1. Juli 2021 sowie weitere Zinsen in Höhe von 724,37 Euro zu zahlen sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung (KV- und PV) und deren Erstattung.
Der 1950 geborene Kläger war bei der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2011 mit Höchstbeiträgen als hauptberuflich Selbstständiger versichert.
Seit 1997 war er Geschäftsführer der W. GmbH. Mit Schreiben vom 5. Mai 2002 teilte er dem Amtsgericht Schwerin mit, dass die W. GmbH zum 30. Mai 1999 den Geschäftsbetrieb unterbrochen und die Produktionsräume in Wismar zum Anfang Januar 2000 geräumt habe, allerdings bis zum Jahr 2000 dort Büroräume unterhalten habe. Im Jahr 2001 sei am Wohnsitz des Geschäftsführers auf der Insel P. ein Geschäftsbüro unterhalten worden. Am 6. November 2001 sei das Gewerbe auf der Insel P. als Umzug wieder angemeldet worden. Die Firma bestehe weiterhin, eine Auflösung sei nicht eingeleitet. Zum 1. Juni 2002 werde der Geschäftssitz nach L. verlegt und entsprechend beim Handelsregister umgemeldet.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 28. April 2011 an die Beklagte, in dem er mitteilte, dass er seit dem Jahr 1999/2000 bei der Beklagten als Selbstständiger freiwillig versichert sei, seit dem Jahr 2002 aber keine Tätigkeit als Selbstständiger oder Nichtselbstständiger ausübe, sondern von seinem Vermögen lebe. Sein jährlich deklariertes Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 7.500.- € resultiere aus der steuerlichen Hinzurechnung des geldwerten Vorteils aus der Nutzung eines Firmenwagens. Dennoch berechne die Beklagte jedes Jahr den Höchstsatz. Aus seinem Steuerbescheid aus dem Jahre 2009 ergäben sich 21.000.- € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Ausschüttung aus Einlagen) und 3.012.- € Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er frage sich, ob er tatsächlich die Höchstbeiträge zahlen müsse.
Nach einem telefonischen Kontakt mit einem Mitarbeiter der Beklagten erklärte der Kläger unter Vorlage der Steuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 mit Schreiben vom 10. Mai 2011, dass er seit 2002 von Ausschüttungen aus seiner Firma - also von seinem Vermögen - gelebt habe, welches in der Steuererklärung als Einkommen aus Gewerbebetrieb ausgewiesen sei, aber ausschließlich Ausschüttungen aus der Kapitalrücklagen betreffe.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2011 stellte die Beklagte ab 1. Mai 2011 aufgrund beitragspflichtiger Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 2.608,25 € die Beitragspflicht zur freiwilligen KV in Höhe von 388,60 € und zur PV in Höhe von 57,38 € fest.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 überreichte der Kläger den Steuerbescheid für 2010. Die steuerlich deklarierten Einkünfte in Höhe von 21.600 € beträfen Gewinnausschüttungen und würden zu 60 % zur Versteuerung herangezogen. Es handele sich seines Erachtens nicht um Einkommen, welches für die Sozialversicherungshöhe maßgeblich sei. Für 2012 gebe es weder eine Gewinnausschüttung, noch einen geldwerten Vorteil. Er habe im Jahr 2012 bisher keine Einkünfte bezogen, sei nicht mehr selbstständig, sondern seit 2011 arbeitssuchend.
In einer Änderungsmitteilung/A...