Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfebedürftigkeit. Vermögen. Verwertungspflicht. Miteigentumsanteil. Hausgrundstück. Verkehrswert. Besondere Härte. Verwertungsbemühungen. Darlehen
Leitsatz (redaktionell)
1. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände innerhalb des bevorstehenden regelmäßigen – nicht tatsächlichen – Bewilligungszeitraums verbraucht, übertragen oder belastet werden können.
2. Für einen Miteigentümer gelten im Wesentlichen dieselben vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze wie für den Miterben.
3. Verbleibt dem Antragsteller bei einer Veräußerung des Miteigentumsanteils nach Abzug der verkaufsbedingten Anwendungen und der auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten ein Betrag, den er zum Bestreiten seines Lebensunterhalts verwenden kann, so ist eine Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen.
4. Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen; für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späteren Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1, 3, § 9 Abs. 1, 4, §§ 11-12, 19-21, 22 Abs. 1 S. 3, § 24 Abs. 5 S. 2, § 26 Abs. 2, § 41 Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 80 Abs. 2 Nr. 1; SGB X § 39 Abs. 2; BGB § 749 Abs. 1, §§ 753, 2042; ZVG § 180 ff.; ZPO § 765a; SGG § 123
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung der für die Monate Januar bis März 2012 und den Monat Juli 2012 vom Beklagten als Darlehen bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Zuschuss statt als Darlehen sowie die Gewährung höherer Leistungen als Zuschuss.
Der am xxxxx 1962 geborene Kläger bezieht seit Februar 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zuvor war er selbständig und als Geschäftsführer mehrerer inzwischen wegen Insolvenz gelöschter Gesellschaften tätig. An den Gesellschaften war neben dem Kläger u.a. Herr K. beteiligt.
Der Kläger ist zu ¼ Miteigentümer eines 1.373 m² großen Grundstücks in der … in H., das mit einem Wohnhaus mit Haupt- und Einliegerwohnung bebaut ist. Weitere Eigentümer waren zunächst zu ½ die Tante des Klägers, R., und zu ¼ die Schwester des Klägers, R1. Am 25. August 2016 verstarb R.. Erbin ihres Miteigentumsanteils ist R1. Das Grundstück ist mit einer 2004 eingetragenen Grundschuld von 400.000 Euro, jährlich mit 18 % zu verzinsen, belastet; Inhaberin der Grundschuld war zunächst die C.. Der Kläger hatte im Jahr 2004 einen Kredit von der C. über 250.000 Euro erhalten, der mit 6,04 % pro Jahr zu verzinsen und mit der 2004 eingetragenen Grundschuld gesichert war. Im Jahr 2007 konnte der Kläger den Kredit nicht mehr bedienen und die Zwangsversteigerung des Grundstücks wurde durch die Bank angekündigt. Herr K. gewährte dann dem Kläger am 29. Oktober 2007 ein Privatdarlehen über den offenen Kreditbetrag bei der Bank über 271.972,73 Euro, zu verzinsen mit 6,04 % pro Jahr. Zugleich wurde die Grundschuld an Herrn K. abgetreten. Tilgungszahlungen sollten zunächst nicht erfolgen. Der Kläger und Herr K. vereinbarten, dass ein monatlicher Zinsbetrag von 1.370 Euro gezahlt werden sollte. Die Zinsen auf das Darlehen wurden durch den Kläger nur teilweise und seit 2010 nicht mehr geleistet. Aus den Jahren 2008 und 2009 entstand jeweils ein Rückstand in Höhe von 8.220 Euro. Zum 30. Juni 2015 belief sich die Forderung des Herrn K. auf 378.832,73 Euro. Des Weiteren wurden am 25. August 2011 auf den Miteigentumsanteil des Klägers eine Sicherungshypothek in Höhe von 3.844,31 Euro zugunsten der R2 sowie am 11. Oktober 2012 eine weitere Sicherungshypothek in Höhe von 11.563,60 Euro zugunsten der M. eingetragen. Am 11. August 2015 erfolgte die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf den Miteigentumsanteil des Klägers durch seine Schwester R1 in Höhe von 76.966,54 Euro gemäß Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 9. Juli 2015 sowie am 9. August 2017 die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek für das Finanzamt Hamburg in Höhe von 11.667,22 Euro.
Aus einer schriftlichen Erklärung der Betreuerin der R. bis zum 13. Februar 2013, Rechtsanwältin C. G., ergibt sich, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt versucht habe, eine Auseinandersetzung der Wohnungseigentumsgemeinschaft herbeizuführen. Sie als Betreuerin der R. hätte eine solche Klärung und Auseinandersetzung gewünscht. Mit Datum vom 26. März 2013 wurde Herr B. zum Betreuer von R. bestellt.
Die Hauptwohnung des Wohngebäudes mit 157 m² wird von dem Kläger selbst bewohnt, die Einliegerwohnung mit einer Größe von 71 m² ist für monatlich 410 Euro zzgl. 45 Euro Betriebskosten- und 134 Euro Heizkostenvorauszahlung vermietet. Die Miete leitete der Kläger nach eigenen Angaben zu Lebzeiten an R. auf Grund einer Vereinbarung u...