Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Gewährung von Hinterbliebenenleistungen bei geltendgemachter Berufskrankheit des Versicherten - Krebserkrankung - BK Nr. 1310, 1302, 4104
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung für Hinterbliebene setzt nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB 7 voraus, dass der Versicherte an den Folgen eines Versicherungsfalls verstorben ist. Hierzu zählen nach § 9 Abs. 1 SGB 7 anerkannte Berufskrankheiten. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Tod des Versicherten.
2. Voraussetzung zur Anerkennung einer Krebserkrankung durch halogenierte Alky-, Aryl- oder Alkaryloxide als BK Nr. 1310 BKV ist u. a. eine entsprechende Latenzzeit, eine Expositionszeit und -höhe sowie das Nichtvorliegen konkurrierender wesentlicher Faktoren.
3. Die Anerkennung einer Krebserkrankung, hervorgerufen durch den beruflichen Kontakt mit Halogenkohlewasserstoffen, als BK Nr. 1302 BKV kommt nicht in Betracht, wenn das Krankheitsbild nicht der Toxität der Halogenwasserstoffe entspricht, welche in erster Linie das zentrale Nervensystem betrifft und ohne Nachweis krebserregende Eigenschaften mit Bezug auf die Krebsart des Versicherten ist.
4. Die Anerkennung einer Krebserkrankung in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung als BK Nr. 4104 BKV ist ausgeschlossen, wenn der Versicherte u. a. die hierzu erforderliche Expositionsdauer nicht erfüllt.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin war die Ehefrau des am xxxxx 1934 geborenen und am xxxxx 2015 verstorbenen Versicherten U.Z.. Der Versicherte war vom 19. Januar 1954 bis zum 28. August 1954 bei der Firma C. beschäftigt und dort nach Angaben des TAD von September 1987 den Stoffen Toluol, Trichlorphenol, Trichlorphenoxyessigsäure, Methanol sowie Chloressigsäure und einer Einwirkung von 2,3,7,8-TCDD („Dioxin“, im Folgenden: TCDD) ausgesetzt. In der TCDD-Nachuntersuchung von 1985 gab der Kläger an, 30 Zigaretten täglich zu konsumieren (Konsum anlässlich der Untersuchung bei Dr. U1 im September 2001 noch mit 10 Zigaretten täglich angegeben). Seit den 1970er Jahren leide er an Bronchitis, 1984 sei er wegen eines Blasenkarzinoms operiert worden. Das Vorhandensein einer Akne oder Chlorakne wurde verneint. In der dermatologischen Untersuchung und der Lungenfunktion fand sich seinerzeit kein pathologischer Befund. Festgestellt wurden diskrete Hinweise auf eine Polyneuropathie. Eine Blutprobenuntersuchung von 1989 ergab einen Wert von 3,1 Piktogramm (10-12 g) pro Gramm Blutfett (im Folgenden: pg/g), verbunden mit der Feststellung, dass die festgestellten PCDD/PCDF-Konzentrationen (Polychlordibenzodioxine und -furane) im Vergleich zur „unbelasteten Normalgruppe“ nicht auf eine berufliche Exposition zurückzuführen seien. Eine spätere Untersuchung ergab im Mai 1992 einen Wert von 10,4 pg/g, dazu heißt es, der Verlauf der Werte liege im Bereich dessen, was bei der bekannten Halbwertzeit zu erwarten sei, Schwankungen könnten durch unterschiedliche Zeitpunkte und unterschiedliche Labors zu Stande kommen, die restlichen immunologischen Ergebnisse seien unauffällig, die Befundkonstellation werde für unspezifisch gehalten. In einer weiteren Erklärung des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der J. heißt es, gerade bei so niedrigen Werten wie denen des Versicherten komme es oft zu Schwankungen. Dies gelte umso mehr, als die erste Probe aus Vollblut, die zweite aus dem Serum analysiert worden sei. Es gebe zwei weitere Untersuchungen von 1998 mit 1,9 pg/g Blutfett und von 1990 mit 3,6 pg/g Blutfett, die sich gut in die Reihe der übrigen Werte einfügten.
Mit Bescheid vom 28. März 1989 wurde die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegenüber dem Versicherten abgelehnt. Das sich anschließende Sozialgerichtsverfahren (25 U 495/89 = III UBf 7/92) endete nach Einholung mehrerer Gutachten im November 2004 mit einer Rücknahme der Klage durch den Versicherten im Berufungsverfahren. Im damaligen Verfahren hatte die Ehefrau des dortigen Klägers, die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, im Jhr 2000 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, in welcher es unter anderem wie folgt heißt:
„Ich habe meinen Mann Mitte 1954 kennengelernt. Er sagte mir damals, dass er in einer Chemiefabrik arbeitet…. Er sah abends im Gesicht wie ein Krebs aus, d. h. die Haut war richtig rot. Ich hatte das Gefühl, dass der Geruch mit dem Schweiß aus den Poren herauskam…. Hinzu kam, dass mein Mann seiner Mutter mehrfach Ohrfeigen verpasst hat, einmal war ich selbst dabei und musste ihn kräftig zurückhalten, er war völlig außer sich… Seine Mutter erklärte mir, ihr Sohn sei früher nie so gewesen, sie kenne ihn so gar nicht…. Zum Ende der Beschäftigung meines Mannes bei C., also im Sommer 1954, fielen mir besonders starke Hautverän...