Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.06.2022; Aktenzeichen B 2 U 46/22 B)

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren über die Neuberechnung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) aufgrund einer anerkannten Berufskrankheit nach Nummer 1310 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.

Beim 1952 geborenen Kläger wurde mit Bescheid vom 26. Juli 1994 eine Berufskrankheit Nr. 1310 (BK 1310 - Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide) nach der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) anerkannt, zunächst ohne Zuerkennung einer Rente. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 1995 erkannte die Beklagte ab 1. Januar 1989 das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert an und gewährte dem Kläger ab 1. Januar 1989 eine Dauerrente. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des JAV sei der 1. Mai 1972 (Zeitpunkt der Beendigung der schädigenden Tätigkeit des Klägers) gewesen. Dies sei auch der Tag des Eintritts der Erkrankung im Sinne der Krankenversicherung. Die Beklagte stellte nach § 571 Reichsversicherungsordnung (RVO) für den Zeitraum vom 1. Mai 1971 bis 30. April 1972 einen JAV in Höhe von 14.503,00 DM fest.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit Widerspruch und Klage, welche das Sozialgericht mit Urteil vom 26. Mai 1997 (25 U 414/95) abwies. Nach § 577 RVO sei der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit §§ 571bis 576 RVO berechnete JAV im Rahmen des § 575 RVO nach billigem Ermessen festzustellen, wenn er in erheblichem Maße unbillig sei. Bei dieser Feststellung sei außer den Fähigkeiten, der Ausbildung und der Lebensstellung des Verletzten seine Erwerbstätigkeit zur Zeit des Arbeitsunfalls oder, soweit er nicht gegen Entgelt tätig gewesen sei, eine gleichartige oder vergleichbare Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Berechnung des JAV sei gemäß § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO der Zeitpunkt des Arbeitsunfalls, als dessen Zeitpunkt gemäß § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO für Berufskrankheiten der Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung oder, wenn dies für den Versicherten günstiger sei, der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenberechtigenden Grade gelte. Die Beklagte habe in ihren angefochtenen Bescheiden für die Berechnung des JAV den 1. Mai 1972, d. h. den Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit bei der Firma ... und Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung und den Gesamtbetrag des im Kalenderjahr vor dem 1. Mai 1972 erzielten Arbeitsentgeltes in Höhe von 14.503,00 DM zugrunde gelegt. Diese Berechnung sei günstiger als ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Rentengewährung ab 1. Januar 1989, da der Kläger im Kalenderjahr 1988 lediglich 8554,00 DM an Einnahmen aus seinem Gewerbebetrieb erzielt habe, während der angepasste JAV ab 1. Januar 1989 30.722,62 DM betragen habe. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des JAV erweise sich auch nicht als in erheblichem Maße unbillig, weil ein den JAV erhöhender späterer beruflicher Aufstieg des Klägers als Schlossermeister und Betriebsleiter oder zum kaufmännischen Angestellten in dieser Position und ein fiktiver Ansatz des Jahreseinkommens eines selbstständigen Schlossermeisters der Rentengewährung ab 1. Januar 1989 zugrunde zu legen sei.

Auch bei Anwendung des § 577 RVO gelte der allgemeine Grundsatz der gesetzlichen Unfallversicherung, dass für die Berechnung die Verhältnisse im Jahr vor dem Unfall maßgeblich seien. Sie seien Spiegel des sozialen Status des Verletzten in diesem Zeitraum und gäben den Lebensstandard wieder, den es zu sichern gelte. Im Vorjahr erreichte höhere Entgelte oder nach dem Unfall zu erwartende höhere Entgelte seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Lediglich § 573 Abs. 1 RVO enthalte eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Der Vorschrift liege der Gedanke zugrunde, dass die zur Zeit des Arbeitsunfalls in einer Schul- oder Berufsausbildung Stehenden vom Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung an hinsichtlich der Berechnung des JAV so zu stellen seien, als ob sie den Unfall erst in diesem Zeitpunkt erlitten hätten. Diese Voraussetzungen hätten beim Kläger jedoch nicht vorgelegen, weil dieser seine Berufsausbildung mit Ablegung der Gesellenprüfung als Schlosser im Jahr 1971 beendet habe und danach im erlernten Beruf tätig gewesen sei. Die spätere Ablegung der Meisterprüfung sei nicht mehr Berufsausbildung im Sinne des § 573 Abs. 1 RVO, sondern eine Weiterbildung.

Die gegen das Urteil eingelegte Berufung (III UBf 37/94) nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 1998 zurück.

Mit Anträgen vom 15. Februar 2013 und vom 29. Januar 2018 beantragte der Kläger die Überprüfung und Neuberechnung seines JAV.

Mit Bescheid vom 6. August 2018 und Widerspruchsbescheid vom 3. April 2019 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 6. September 1995 und Neufests...

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