Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Arbeitsplätze. Beschäftigung. Gesamtdauer. keine Gleichstellung bei tatsächlich regelmäßiger Beschäftigung ohne Abrufarbeit. vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit von 15 Wochenstunden. zusätzlich vereinbarte Abrufarbeit von weiteren 3 Wochenstunden
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wortlaut in § 156 Abs. 3 SGB IX nimmt für die Beurteilung der Gesamtdauer der Beschäftigung von höchstens acht Wochen auf die Natur der Arbeit oder die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen Bezug.
2. Für die Beurteilung der wöchentlich maßgeblichen Stundenzahl hingegen, stellt die Norm auf die Beschäftigung ab; diese Differenzierung könnte dazu führen, dass die vertragliche Vereinbarung für die Ermittlung der wöchentlichen Stundenzahl allein nicht maßgeblich sein könnte, sondern der Frage, ob eine Stelle vorliegt, auf der Beschäftigte weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden, ein tatsächliches Element innewohnt.
3. Haben die Parteien des Arbeitsvertrages lediglich eine regelmäßige Stundenzahl von 15 Wochenstunden zzgl. 3 Wochenstunden auf Abruf vereinbart, scheidet ein Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen aus.
Normenkette
SGB IX § 2 Abs. 3, § 156 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit einem schwerbehinderten Menschen.
Die 1960 geborene Klägerin arbeitet seit dem 25. Mai 2011 als Serviceassistentin im Gesundheitswesen, seit 24. Mai 2013 unbefristet. Im Nachtrag 5 vom 01. Mai 2018 zum Arbeitsvertrag ist geregelt:
„Zu § 4 - Arbeitszeit/Arbeit auf Abruf
(II) Die regelmäßige Arbeitszeit wird ab dem 01.05.2018 auf 15 Stunden/Woche reduziert.
(III) Darüber hinaus erbringt der Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) in Höhe von max. 3 Stunden in der Woche.
(IV) Der Arbeitgeber kann je nach Bedarf die zusätzlichen 3 Stunden ganz oder teilweise abrufen, ohne dass er zum Abruf verpflichtet ist. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die Vergütung nicht abgerufener Stunden nach Abs. III.
Sämtliche andere Bestandteile des Arbeitsvertrages vom 30.10.2012 und der Nachträge bleiben ansonsten unberührt.“
Mit Schreiben vom 16. Juli 2019 teilte die Klägerin ihrem Arbeitgeber mit, an einer angebotenen Fortbildung zur Gesundheits- und Pflegeassistentin nicht teilnehmen zu wollen. Aufgrund von Krankheit und Pflege ihres Mannes wolle sie weiterhin im Raum H. als Serviceassistentin tätig bleiben.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 24. September 2019 stellte das Versorgungsamt Hamburg einen Grad der Behinderung von 40 ab 26. Juli 2019 fest.
Am 29. November 2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Sie könne ihre seit 25. Mai 2011 als Serviceassistentin im Gesundheitswesen ausgeübte Tätigkeit mit behinderungsbedingten Einschränkungen weiterhin ausüben. Eine innerbetriebliche Umsetzung sei vorgesehen. Sie habe keinen besonderen Kündigungsschutz und ihr Arbeitsverhältnis sei nicht gekündigt. Weiterhin gab sie an, 15 Stunden wöchentlich und 3 Stunden wöchentlich auf Abruf zu arbeiten. Sie sei wegen Schmerzen und Dranginkontinenz in laufender ärztlicher Behandlung. Ihre Beschäftigung als Serviceassistentin werde es bald nicht mehr geben. Ihr sei eine Weiterbildung zur Pflegeassistenz angeboten worden. Wenn sie dies ablehne, werde sie versetzt. Sie wolle aber gern in H. bleiben, um ihren Mann mit einem Grad der Behinderung von 100 pflegen zu können.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 7. Januar 2020 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Begriff des Arbeitsplatzes sei in § 156 Abs. 1 SGB IX definiert. Es seien Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt würden. Dem behinderten Menschen müsse eine Beschäftigung mit einer Mindeststundenzahl von 18 Stunden wöchentlich möglich sein. Die Prüfung des Antrages habe ergeben, dass die Klägerin momentan eine Tätigkeit von 15 Stunden die Woche ausübe und auf Abruf maximal 3 zusätzliche Stunden in der Woche anfallen könnten. Da es sich hierbei nicht um vertraglich fest vereinbarte 18 Stunden wöchentlich handele, seien die Voraussetzungen auf eine Gleichstellung nicht erfüllt.
Mit ihrem Widerspruch vom 17. Januar 2020 machte die Klägerin geltend, es handele sich bei den 3 Zusatzstunden pro Woche um fest vereinbarte Stunden. Der Umstand, dass diese nur auf Abruf von der Klägerin geleistet würden, bedeute nicht, dass die Ableistung freiwillig sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2020 zurück. Die Gleichstellung mit den schwerbehinderten Mensc...