Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Verhinderungspflege. Ersatzpflege. stundenweise Inanspruchnahme
Orientierungssatz
Einem Anspruch auf Verhinderungspflege steht nicht entgegen, dass diese nicht ganztägig, sondern nur stundenweise erfolgt ist (vgl BSG vom 22.3.2001 - B 12 P 3/00 R = SozR 3-2600 § 3 Nr 5).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das (Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21 September 1998) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin 899,88 DM zu zahlen hat.
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten, einem privaten Versicherungsunternehmen, bei dem sie selbst pflegeversichert ist, eine Pflegepflichtversicherung nach Tarif PVN für ihre am 17. Juli 1989 geborene Tochter N, bei der die Leistungsvoraussetzungen der Pflegestufe II gemäß Teil I § 1 Abs. 6 Buchstabe b der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung (Bedingungsteil MB/PPV 1996) vorliegen. Die Klägerin führt die erforderliche Pflege der Tochter selbst durch und erhält hierfür von der Beklagten regelmäßig monatliches Pflegegeld in Höhe von 800,00 DM (Teil II Nr. 2. b AVB -- Tarif PV -- Tarifstufen PVN und PVB --).
Im November 1996 legte die Klägerin der Beklagten die Rechnung Nr. 410056 des Vereins "Leben mit Behinderung H Elternverein e.V." vom 8. November 1996 vor, nach welcher dieser ihr für am 1. (8 Stunden), 10. (8 Stunden) und 21. September 1996 (20 Stunden) für die Betreuung von N geleistete Verhinderungspflege Kosten von insgesamt 1199,88 DM (36 Stunden a 33,33 DM) in Rechnung gestellt hatte. Diesbezüglich brachte die Klägerin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 9. November 1996 vor, dass es ihr auf Grund dieser -- stundenweise erfolgten -- Verhinderungspflege/Betreuung ihrer Tochter möglich (gewesen) sei, die hierdurch gewonnene Freizeit zu nutzen, insbesondere sich in dieser Zeit effektiv zu erholen oder wichtige Angelegenheiten in Ruhe zu regeln und dabei gleichzeitig das beruhigende Gefühl zu haben, die Tochter werde kompetent betreut. Wegen des jungen Alters ihrer Tochter sei eine sich über Tage erstreckende Betreuung durch andere Menschen noch keine für sie diskutable und umsetzbare Nutzungsform der Verhinderungspflege. Ihre Tochter sei jedoch schon in der Lage, einen Tag lang in der Obhut einer anderen Betreuungsperson zu bleiben und sich dabei auch wohl zu fühlen. In diesen recht kurzen Zeiträumen der Verhinderungspflege gelänge es ihr, der Klägerin, sich weitmöglichst zu erholen. Sie könne anschließend die Pflege der Tochter mit neuer Kraft weiter führen.
Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 28. November 1996 nur bereit, im Wege der Kulanz für die 3 Septembertage 1996 jeweils 100,00 DM (insgesamt 300,00 DM) zu erstatten. Es sei davon auszugehen, dass das Kind Nora primär "betreut" worden sei. Die dafür entstandenen Kosten könnten nicht zu Lasten der Pflegeversicherung der Beklagten gehen. Zwar könne die Verhinderungspflege auch für einzelne Zeitabschnitte geltend gemacht werden. Die kleinste Einheit hierfür stelle jedoch einen Tag dar, sodass ein Ausfall der Pflegeperson nicht vorliege, wenn diese die Pflegetätigkeit nur für einige Stunden unterbreche.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. März 1997 die auf Zahlung von 899,88 DM gerichtete Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte einen Tagessatz von nur 100,00 DM für Verhinderungspflege nicht festlegen dürfe. Hierfür lasse sich dem Gesetz keine entsprechende Berechtigung entnehmen. Verhinderungspflege könne zudem auch stundenweise abgerufen werden. Ihre Verhinderung von 2 x 8 und 1 x 20 Stunden an 3 Tagen genüge, um die Voraussetzungen der Verhinderungspflege nach § 39 Elftes Buch Sozialgesetzbuch -- Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) -- zu erfüllen. Dies sei den Auslegungsempfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 26. September 1994 zu entnehmen, nach denen ein Abruf auch bei stundenweiser Leistungserbringung möglich sei. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 1. Juli 1997 (S -- 6/P 189/97 --; vgl. auch Sozialgericht Marburg vom 19. Januar 1999 -- S 7 P 424/98 --, RdLH 1999, 71) berufen, wonach die Höchstgrenze der Aufwendungen von 2800,00 DM im Kalenderjahr nicht anteilsmäßig auf 100,00 DM kalendertäglich begrenzt werden darf, wenn Leistungen der Verhinderungspflege nur für einzelne Tage zu gewähren sind.
Die Beklagte ist dem geltend gemachten Anspruch mit Schriftsätzen vom 6. Mai und 21. August 1997, auf deren Inhalt verwiesen wird, entgegengetreten.
Durch Urteil vom 21. September 1998, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 899,88 DM zu zahlen, und die Berufung zugelassen.
Das Urteil vom 21....