Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Bescheid über Beitragsnachforderung muss aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. mangelnde Aufzeichnungen des Betriebsprüfers. Beweisnot des Versicherungsträgers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beitragsbescheid muss für einen um Verständnis bemühten Adressaten ohne spezielle Kenntnis der besonderen Rechtsmaterie aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein.
2. Eine sich aus mangelnden Aufzeichnungen des Betriebsprüfers ergebende Beweisnot des Versicherungsträgers im Beitragserhebungsverfahren ist unbeachtlich.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war für die Klägerin notwendig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin der Beklagten weitere Sozialversicherungsbeiträge schuldet.
Die Beklagte führte am 3. September 2003 bei der Klägerin, die ein zahntechnisches Labor betreibt, eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 durch. Dabei erhielt die Prüferin Einsicht in die sozialversicherungsrechtlich relevanten Geschäftsunterlagen der Klägerin.
Mit Bescheid vom 15. September 2003 forderte die Beklagte gegenüber der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.864,20 € nach, die sich ergeben sollten aus fehlerhaft behandelten Entgelten für den Beigeladenen zu 3) (R.) sowie von zwei weiteren Bediensteten der Klägerin. In der Begründung des Bescheides heißt es, für die Berechnung der Beiträge seien Provisionen grundsätzlich in dem Lohnabrechnungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie erzielt worden seien. Das ergebe sich aus dem Charakter der Provisionen als laufendes Arbeitsentgelt und der dann anzuwendenden Fälligkeitsvorschrift des § 23 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - ≪SGB IV≫. Provisionen seien dann erzielt, wenn der Anspruch darauf entstanden sei. Die Zuordnung solcher Zahlungen nach diesem Grundsatz habe zur Folge, dass bei verspäteter Auszahlung von Provisionen eine Korrektur der Beitragsberechnung vorzunehmen sei. Da solche Korrekturen mit erheblicher Mehrarbeit verbunden seien, bestünden keine Bedenken, wenn Provisionen, die zwar zeitversetzt, aber monatlich ausgezahlt würden, im Lohnabrechnungszeitraum der Auszahlung zur Beitragsberechnung herangezogen würden. Würden Provisionen in größeren Zeitabständen als monatlich gezahlt und sei eine genaue Aufschlüsselung auf die Monate des Anspruchserwerbs nicht mehr möglich, so sei eine gleichmäßige Aufteilung der Zahlung auf die einzelnen Monate des Anspruchszeitraums zulässig. Lediglich dann, wenn sie ohne Bezug auf bestimmte Lohnabrechnungszeiträume gezahlt würden, seien Provisionen als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23 a SGB IV anzusehen. In Einzelfällen seien Provisionen quartalsweise abgerechnet worden. Eine Korrektur der Beitragsberechnung der betroffenen Monate sei nicht vorgenommen worden. Ein Arbeitnehmer habe nach Ablauf eines Jahres eine Provision für das Vorjahr ausgezahlt erhalten. Diese Provision sei nicht als Einmalzahlung, sondern als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Urlaubsabgeltungen seien Zuwendungen, die nicht für Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt würden. Sie unterlägen deshalb als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Rahmen des § 23 a SGB IV der Beitragspflicht. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt werde einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugerechnet; jedoch werde hierbei die monatliche Beitragsbemessungsgrenze außer Kraft gesetzt. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge schreibe § 23 a SGB IV vor, dass das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt insoweit zur Beitragsberechnung herangezogen werde, als es zusammen mit dem bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die bis dahin maßgebende anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht erreiche. Überschreite das Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung, so seien die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (hier Beigeladene zu 4) bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung zu berechnen. Für die Pflegeversicherung gelte die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Die an einen Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung sei als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Eine Zusammenstellung der zu wenig gezahlten Beiträge möge die Klägerin der dem Bescheid beigefügten Anlage zur Berechnung der Beiträge entnehmen.
In der Anlage ist für den Beigeladenen S. R. für das Jahr 1999 eine sogenannte "Entgeltdifferenz" von 500 DM wegen einer angeblichen Provisionsnachzahlung im Februar 2000 für 1999 ausgewiesen, des Weiteren für das Jahr 2000 eine "Entgeltdifferenz" in Höhe von 3.600 DM wege...