Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die haftungsausfüllende Kausalität zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 1302, 1303 bzw. 1310
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) ist u. a. erforderlich, dass der Betroffene während seiner versicherten Tätigkeit Belastungen bzw. Schadstoffen ausgesetzt war und deren Einwirkungen die geltend gemachte BK verursacht haben.
2. War der Versicherte während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit einer Belastung durch Hexachlorcyclohexan (HCH), Benzol oder Dioxine ausgesetzt, so ist dies grundsätzlich ausreichend zur Anerkennung einer BK nach den Nrn. 1302, 1303 und 1310. Diese sind sog. Listenstoffe dieser BKen.
3. Zur Anerkennung der Krankheit als BK ist der Nachweis erforderlich, dass die einwirkende Schadstoffbelastung eine Krankheit i. S. des jeweiligen BK-Tatbestandes verursacht hat. Hierzu ist der dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechende Nachweis erforderlich, dass die beim Versicherten vorliegende Gesundheitsstörung signifikant häufiger bei belasteten als bei unbelasteten Personen auftritt.
4. Sprechen eher individuelle beim Versicherten bestehende Risikofaktoren für den Eintritt der geltend gemachten Erkrankung, so ist die zur Anerkennung als BK erforderliche haftungsausfüllende Kausalität zu verneinen. Erhebliches Übergewicht sowie ein bestehendes metabolisches Syndrom stellen wesentliche Risikofaktoren für einen Diabetes mellitus dar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger hinsichtlich einer Störung der Sexualfunktion, der Leberfunktion, des Fettstoffwechsels, der Nierenfunktion und hinsichtlich eines Diabetes mellitus an einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe - BK 1302), Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol - BK 1303) und/oder Nr. 1310 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide - BK 1310) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) leidet.
Der 1937 geborene Kläger war von Mai 1975 bis Januar 1979 in dem damaligen H. Werk des Unternehmens B. (im Folgenden: Fa. B.) beschäftigt und während dieser Tätigkeiten unter anderem den Einwirkungen von Hexachlorcyclohexan (HCH) und Benzol sowie von Stoffen aus der Gruppe der Dioxine ausgesetzt, also Schadstoffen im Sinne der BKen 1302, 1303 und 1310. Bei seinen vorherigen (Maurerausbildung, Seefahrt) und späteren (Hafenarbeiter) beruflichen Tätigkeiten bestand keine Exposition gegenüber Schadstoffen im Sinne dieser BKen.
Erstmals im Juli 1993 beantragte er bei einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit, weil er seit der Tätigkeit für die Fa. B. und in letzter Zeit vermehrt auftretende Kopfschmerzen, eine innerliche Unruhe sowie Störungen von Konzentration und Schlaf auf die Schadstoffbelastung durch Dioxin und HCH zurückführte. Dieser Antrag blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 18. Oktober 1995 / Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1996 über die Ablehnung einer BK 1310, Bescheid vom 10. Oktober 1996 / Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 1998 über die Ablehnung einer BK 1302, miteinander verbundene Klagen beim Sozialgericht (SG) Hamburg S 25 U 579/96 und S 25 U 10/99 (führend), abweisendes Urteil vom 22. November 2000 bezüglich der BK 1302 nach Teilrücknahme bezüglich der BK 1310, die Berufung zurückweisendes Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg vom 13. Januar 2004 - L 3 U 33/01).
Ebenfalls erfolglos blieb ein Antrag auf Anerkennung einerseits einer BK 1302 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie andererseits einer BK 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) vom 10. März 2005 (Bescheide vom 4. August 2005 / Widerspruchsbescheide vom 26. September 2006, miteinander verbundene Klagen S 24 U 296/06 und S 24 U 297/06 (führend), abweisendes Urteil des SG Hamburg vom 13. Mai 2009, Berufung beim LSG Hamburg L 3 U 38/09). In der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens wurde am 10. Dezember 2013 nach Hinweis des Gerichts darauf, dass Streitgegenstand ausschließlich die BK 1317 unter dem Blickwinkel der im BK-Tatbestand genannten Krankheitsbilder und die BK 1302 unter dem Blickwinkel der allein geprüften und beschiedenen Gesundheitsstörungen "Kopfschmerzen, innere Unruhe sowie Schlaf-und Konzentrationsstörungen" seien, der Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte sich zu Protokoll verpflichtet hatte, auf der Grundlage des bei ihr am 29. April 2005 eingegangenen (dem Feststellungsantrag des Klägers vom 10. März 2005 nachfolgenden) Schreibens von Prof. Dr. M. (damals Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und tätig in der Beratungsstelle für ...