Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "Gl" (Gehörlosigkeit).

Bei dem am xxxxx 1964 geborenen Kläger wurde mit Neufeststellungsbescheid vom 5. Juli 2017 ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" festgestellt. Hierbei berücksichtigte die Beklagte eine Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche mit einem Teil-GdB von 70 sowie eine psychische Störung mit einem Teil-GdB von 30.

Mit Schreiben vom 13 Juli.2017 beantragte der Kläger außerdem die Feststellung des Merkzeichens "Gl". Zur Begründung führte er aus, dass er durch seinen beidseitigen Hörverlust im Alltag sehr eingeschränkt sei, so dass eine Teilhabe am sozialen Miteinander nicht mehr möglich sei. Trotz beidseitiger Versorgung mit Hörgeräten sei sein Sprachverstehen so schlecht, dass er, wenn Hintergrundgeräusche die Akustik störten, normale Kommunikation nicht verstehe, sondern nur noch als Geräusche wahrnehme.

Die Beklagte lehnte die Feststellung des Merkzeichens "Gl" mit Bescheid vom 18. Juli 2017 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid vom 5. Juli 2017 weder nach § 44 SGB X abzuändern sei noch eine Neufeststellung gem. § 48 SGB X zu treffen sei.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2017 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass er nicht die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung, sondern nur die Feststellung des Merkzeichens "Gl" begehre. Hierzu vertrat er die Ansicht, dass auch schwerbehinderte Menschen mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit wie er einen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dies begründete sie damit, dass weder ein höherer GdB nachgewiesen sei noch die Voraussetzungen für das Merkzeichen "Gl" vorlägen. Gehörlos im Sinne des § 145 Abs. 1 SGB IX seien nach § 2 VersMedV nur Hörbehinderte, bei denen eine beidseitige Taubheit vorliege oder Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beidseits, bei denen außerdem noch schwere Sprachstörungen vorlägen. Beim Kläger sei zwar eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit nachgewiesen, aber keine schwere Sprachstörung.

Der Kläger hat am 21. August 2017 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat argumentiert, dass die angefochtene Entscheidung diskriminierend sei und ihn benachteilige, da auch hörbeeinträchtigte Menschen mit einem an Taubheit grenzenden Hörverlust in ihrer Mobilität und Kommunikation erheblich eingeschränkt seien. So leide er aufgrund der vielen Einschränkungen und der dadurch bedingten sozialen Isolierung unter massiven Depressionen, Angstzuständen und Panikattacken. Der Verlust an Lebensqualität bei Menschen, die spät an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit erkrankt seien, sei daher unabhängig vom Vorliegen einer Sprachstörung ebenso schwer zu bewerten wie eine seit der Geburt vorliegende oder frühkindliche Taubheit.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2018 abgewiesen. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "Gl" seien nicht gegeben. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Schwerbehinderten- Ausweisverordnung (SchwbAwV) sei das Merkzeichen "Gl" in dem Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch gehörlos im Sinne des § 228 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX) sei. Die weiteren Voraussetzungen folgen aus der gemäß § 241 Abs. 5 SGB IX anwendbaren Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersmedV). Nach Teil B Nr. 4 VersmedV gelten als gehörlos nicht nur Schwerbehinderte, bei denen eine Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch diejenigen, bei denen eine an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit vorliegt, wenn daneben schwere Sprachstörungen vorliegen. Das seien in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit angeboren, oder in der Kindheit erworben wurde.

Diese Voraussetzungen würden beim Kläger unstreitig nicht vorliegen. Soweit er hierzu vortrage, dass eine aus seiner Sicht ebenso gravierende Beeinträchtigung gegeben sei, führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Gleichstellung von Hörbehinderten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit mit denjenigen, die bereits taub sind, hänge nicht davon ab, ob die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit früh oder spät erworben worden sei. Voraussetzung für die Gleichstellung sei vielmehr das Vorliegen schwerer Sprachstörungen, die im Regelfall - aber nicht zwangsläufig - vorliegen dürften, wenn die an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden sei. Deshalb komme eine Gleichstellung von Personen mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit mit den G...

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