Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung bewilligter Leistungen der Grundsicherung nach Aufhebung der Bewilligung - Beschränkung der Haftung der Eltern für Verbindlichkeiten ihres Kindes
Orientierungssatz
1. Ist ein Verwaltungsakt über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung aufgehoben worden, so sind danach bereits erbrachte Leistungen nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 S. 1 SGB 10 zu erstatten.
2. Ein Erstattungsbescheid, der auf der Grundlage von § 40 Abs. 1 S. 1 SGB 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 S. 1 SGB ergeht, ist auch an § 1629a BGB zu messen. Danach beschränkt sich die Haftung für Verbindlichkeiten, welche die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft oder eine sonstige Handlung mit Wirkung für das Kind begründet haben, auf den Bestand des bei Eintritt in die Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers zu 2. werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. September 2017 sowie der Bescheid vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2015 und des Teilanerkenntnisses vom 30. September 2019 aufgehoben, soweit damit eine Erstattungsforderung gegenüber dem Kläger zu 2. in Höhe von mehr als 141,35 € geltend gemacht wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in allen Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch darüber, ob bzw. in welchem Umfang der inzwischen volljährig gewordene Kläger zu 2. für eine Erstattungsforderung des beklagten Jobcenters haftet.
Die 1978 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1. lebte im Jahr 2014 zusammen mit ihrem am xxxxx 2002 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2., im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Sie war seit dem 7. Februar 2011 als Abrufarbeitnehmerin bei einer Logistikfirma beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erhielt sie ein monatlich schwankendes Einkommen, wobei das Gehalt jeweils im Folgemonat ausgezahlt wurde. Ergänzend erhielten die Kläger seit September 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.
Für den Zeitraum vom 1. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II ohne Vorläufigkeitsvorbehalt und berücksichtigte dabei ein Einkommen in Höhe von 1.100,- Euro brutto und 850,- Euro netto. Tatsächlich erzielte die Klägerin zu 1. in den genannten Monaten ein höheres Gehalt. Nachdem dies dem Beklagten bekannt geworden war, hob er mit Bescheid vom 12. Juni 2014 die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 teilweise auf und forderte eine Erstattung von Leistungen für den genannten Zeitraum in Höhe von insgesamt 864,02 Euro (aufgeschlüsselt nach Klägern und Monaten). Dem hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2015 teilweise statt und reduzierte die Aufhebung und die Erstattungsforderung insoweit, als dass von den Klägern insgesamt nur noch ein Betrag von 761,81 Euro erstattet verlangt wurde, davon 492,97 Euro von der Klägerin zu 1. und 268,85 Euro vom Kläger zu 2.
Hiergegen erhoben die Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg, die erfolglos blieb (Az.: S 29 AS 255/16, Urteil vom 8. September 2017). Die Kläger legten Berufung zum Landessozialgericht ein, die unter dem Aktenzeichen L 4 AS 26/18 geführt wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30. September 2019 gab der Beklagte ein Teilanerkenntnis ab, mit dem die Forderung gegenüber der Klägerin zu 1. auf insgesamt 460,54 Euro und gegenüber dem Kläger zu 2. auf insgesamt 251,16 Euro reduziert wurde. Sodann wies der Senat die Berufung mit Urteil vom 30. September 2019 zurück. Die hiergegen gerichtete Revision zum Bundessozialgericht (B 4 AS 10/20 R, Urteil vom 24. Juni 2020) hatte im Sinne der Aufhebung des Urteils vom 30. September 2019 und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landessozialgericht Erfolg. Für die Einzelheiten wird auf die genannten Urteile des Sozialgerichts, Landessozialgerichts und Bundessozialgerichts verwiesen.
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat der Senat am 29. April 2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und in dieser die Klägerin zu 1. persönlich angehört. In der Verhandlung hat der Beklagte zunächst sein Teilanerkenntnis präzisiert, wobei sich die Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderungen nicht weiter verändert hat, sodass vom Kläger zu 2. weiterhin 251,16 Euro verlangt werden. Sodann hat die Klägerin zu 1. ihre Berufung vollen Umfangs zurückgenommen. Der Kläger zu 2. hat seine Berufung auf die Erstattungsforderung beschränkt und die Berufung hinsichtlich der Aufhebung der Leistungsbewilligungen zurückgenommen. Er ist der Ansicht, dass die Erstattungsforderung wegen der Regelung zur Minderjährigenhaftung in § 1629a Bürgerliches Gesetzbuch (...