Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Künstlersozialabgabepflicht. Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge. gelegentliche Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten zB zur Gestaltung des Internetauftritts. Rechtswidrigkeit des Erfassungsbescheides wegen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
Orientierungssatz
Der Erfassungsbescheid bzgl der grundsätzlichen Feststellung der Abgabepflicht der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 21.6.2012 - B 3 KS 2/11 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 11), mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 36a S 1 KSVG iVm § 33 Abs 1 SGB 10) formell rechtswidrig.
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 02.04.2014; Aktenzeichen B 3 KS 2/13 R) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Erfassung nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz, KSVG).
Die Beklagte führte bei der Klägerin ab September 2005 eine Betriebsprüfung durch und stellte mit Bescheid vom 18. Dezember 2006 die Abgabepflicht der Klägerin fest. Wörtlich hieß es dort:
"Nach § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) betreiben Sie ein abgabepflichtiges Unternehmen.
BEGRÜNDUNG
Die grundsätzliche Abgabepflicht ist festzustellen gemäß § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG, weil Sie Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung über die grundsätzliche Abgabepflicht noch nichts darüber aussagt, ob auch eine Künstlersozialabgabe zu zahlen ist. Die Feststellung der Abgabepflicht verpflichtet Sie allerdings zur Abgabe der jährlichen Entgeltmeldungen. Dies gilt auch dann, wenn keine Entgelte an selbständige Künstler und Publizisten gezahlt werden. Nähere Erläuterungen entnehmen Sie bitte den nachfolgenden Hinweisen und den anliegenden Informationen."
Es folgten Hinweise zum Meldeverfahren.
Ihren am 19. Januar 2007 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin zunächst damit, sie sei kein Unternehmen, das Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreibe, sondern erfülle Aufgaben der Daseinsvorsorge. Sie erteile auch nicht öfter als nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten. Auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte symbiotische Beziehung zwischen ihr und den Künstlern und Publizisten bestehe nicht.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 6. August 2007 zurück: Der Tatbestand des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sei erfüllt, da die Klägerin beispielsweise Webdesigner und einzelkaufmännisch tätige Werbeagenturen mit der Gestaltung ihres Internetauftritts beauftragt habe. Allein nach den von der Klägerin vorgelegten unvollständigen Unterlagen seien im Jahr 2002 mehr als zehn solcher Aufträge festzustellen, wobei die entsprechenden Rechnungen bezeichnenderweise an den Referenten für Öffentlichkeitsarbeit adressiert gewesen seien. Dass die Klägerin Aufgaben der Daseinsvorsorge erfülle, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unbeachtlich. Weiterhin bestehe eine grundsätzliche Abgabenpflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG. Beispielhaft werde auf Zuwendungen für die Fertigung von Katalogen verwiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 9. September 2007 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. Juni 2009 (der Beklagten zugegangen am 30. Juli 2009) die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Voraussetzungen von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG lägen nicht vor, da die Klägerin nicht zu den typischen Verwertern künstlerischer oder publizistischer Werke, den sog. Vermarktern, gehöre. Auch aus § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG ergebe sich angesichts der seltenen Auftragserteilungen an Dritte keine Abgabepflicht. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 KSVG seien ebenfalls nicht erfüllt, da die Klägerin nur vereinzelt als Veranstalterin in Erscheinung getreten sei und selbstständige Künstler beauftragt habe.
Die Beklagte hat am 14. August 2009 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die Klägerin unterliege nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3, 7 und 9 KSVG sowie nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG der Abgabepflicht. Sie habe in den Jahren 2000 bis 2005 jeweils fünfstellige Beträge an Künstler und Publizisten im Rahmen von Werkverträgen oder auf Rechnung geleistet, wobei Zuwendungen nicht berücksichtigt worden seien. Betroffen gewesen seien die Bereiche Kulturförderung, Betrieb des H. Jugendorchesters (nebst musikalischer Ausbildung der Mitglieder) sowie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zur...