Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Grundsatz der Identität zwischen Klageverfahren und vergütungsrechtlicher Angelegenheit. Reichweite und Ausnahmen
Orientierungssatz
Zur Reichweite des Grundsatzes der Identität zwischen Klageverfahren und vergütungsrechtlicher Angelegenheit sowie zu Fallkonstellationen, in denen eine Abweichung von diesem Grundsatz ausnahmsweise in Betracht kommt.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 25. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der im Rahmen von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Mit Bescheid vom 12. November 2010 setzte der im Hauptsacheverfahren beklagte Grundsicherungsträger gegenüber der aus vier Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft nach zunächst erfolgter vorläufiger Gewährung die Leistungen für den Zeitraum vom April bis September 2010 (in niedrigerer Höhe) endgültig fest und erließ unter dem gleichen Tage Erstattungsbescheide gegenüber dem Ehemann einerseits und der Ehefrau und einem der Kinder andererseits.
Nach Durchführung gesonderter Vorverfahren erhob die Beschwerdeführerin am 16. März 2011 unter den Aktenzeichen S 24 AS 626 bis 628/11 drei Klagen vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin:
Das Verfahren S 24 AS 626/11 war gerichtet auf eine höhere endgültige Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2010 bezogen auf die vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Die Klage wurde am 22. Juli 2012 mit einem 10-seitigen Schriftsatz - differenziert nach der Einnahmensituation in den einzelnen Monaten - begründet.
In dem Verfahren S 24 AS 627/11 war die Erstattungsforderung bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches gegenüber dem Ehemann in Höhe von 428,08 Euro bezogen auf den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2010 und in Höhe von 95,55 Euro wegen eines Aushilfslohns aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bezogen auf den Monat August 2010 streitig.
In dem weiteren Verfahren S 24 AS 628/11 war die gegen die Ehefrau und eines der Kinder gerichtete Erstattungsforderung bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches in Höhe von insgesamt 613,88 Euro bezogen auf den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2010 sowie bezogen auf den Monat August 2010 in Höhe von 95,54 Euro sowie 41,47 Euro streitig.
Im Verfahren S 24 AS 627/11 wurde zur Begründung in einem halbseitigen Schriftsatz auf die Ausführungen in dem Verfahren S 24 AS 626/11 Bezug genommen, während in dem Verfahren S 24 AS 628/11 keine Klagebegründung erfolgte.
Mit Beschluss vom 24. August 2012 wurden die drei Verfahren verbunden unter Führung des Verfahrens S 24 AS 626/11.
Mit Beschluss vom 2. April 2014 wurde den Klägern zu 1., 2. und 4. des Ausgangsverfahrens PKH unter Beiordnung der Beschwerdeführerin bewilligt, nachdem kurz zuvor im Rahmen eines Erörterungstermins am 13. März 2014 (in welchem noch andere Verfahren der Beteiligten erörtert wurden) eine Einigung dahingehend erzielt worden war, dass ein Nachzahlungsanspruch geprüft und die Erstattungsforderung um insgesamt 318,97 Euro reduziert werde. Der dortige Beklagte hatte sich dabei bereit erklärt, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Am 2. Mai 2014 hat die Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner eine Vergütungsfestsetzung im Rahmen der PKH in Höhe von insgesamt 1.218,86 Euro beantragt, welche sich wie folgt aufschlüsselt:
|
- Verfahrensgebühr für 3 Auftraggeber (S 24 AS 626/11) |
272,00 Euro |
- Verfahrensgebühr für 2 Auftraggeber (S 24 AS 628/11) |
221,00 Euro |
- Verfahrensgebühr für 3 Auftraggeber (S 24 AS 627/11) |
272,00 Euro |
- Terminsgebühr |
200,00 Euro |
- Fahrtkosten |
2,85 Euro |
- Tage- und Abwesenheitsgeld |
3,75 Euro |
- Dokumentenpauschale |
32,65 Euro |
- Postpauschale |
20,00 Euro |
- Zwischensumme: |
1.024,25 Euro |
- zuzüglich Mehrwertsteuer: |
194,61 Euro |
- insgesamt: |
1.218,86 Euro |
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat am 3. Februar 2015 die Gebühren und Auslagen auf insgesamt 560,57 Euro (davon zur Hälfte zu Lasten der Landeskasse in Höhe von 280,29 Euro) festgesetzt unter Berücksichtigung nur einer Verfahrensgebühr in Höhe von 170,00 Euro zuzüglich 60 % Erhöhung für 3 Auftraggeber in Höhe von 102,00 Euro sowie einer Terminsgebühr in Höhe von 140,00 Euro. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R -) um dieselbe Angelegenheit handele, wenn Auftraggeber die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft seien. Deshalb könne die Verfahrensgebühr nur einmal gefordert werden mit der Folge, dass für die verbundenen Verfahren die Erhöhungsgebühr für mehrere Auftraggeber angesetzt werden müsse. Bezogen auf die Terminsgebühr sei die angesetzte Mittelgebühr in Höhe von 200,00 Euro unbillig, da angesichts einer Vielzahl gemeinsam verhandelter Verfahren sich ei...