Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandsrente aus überführter Rente des Beitrittsgebiets. Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsverdienste bei der Berechnung einer Vergleichsrente nach § 307b iVm § 256a SGB 6. Verfassungsmäßigkeit. FZR
Orientierungssatz
1. Die Berücksichtigung von tatsächlichen Arbeitsentgelten bei der Berechnung der Vergleichsrente nach § 307b Abs 3 SGB 6 iVm § 256a Abs 3 SGB 6 verstößt nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96 ua = BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6).
2. Bestand bei Zeiten der Nichtzugehörigkeit zu einem Zusatz- bzw Sonderversorgungssystem die Möglichkeit der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beizutreten und entsprechende Beiträge zu zahlen, mit der Folge, dass Überentgelte gem § 256a Abs 3 S 1 SGB 6 nicht anerkannt worden wären, wären die Verdienste nicht in die Vergleichsberechnung des § 307b Abs 3 Nr 3 SGB 6 einzustellen (vgl LSG Halle vom 28.1.2010 - L 1 R 291/09).
Normenkette
SGB VI § 307b Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 256a Abs. 3; FZRVO § 1 Abs. 1 Buchst. e
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 5. Mai 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2006 verurteilt, bei der Vergleichsberechnung nach § 307 b Abs. 3 SGB VI für den Zeitraum vom 1. Februar 1978 bis 31. Dezember 1988 die bei der Rentenberechnung im Versicherungsverlauf nach § 256 a Abs. 3 SGB VI festgestellten Arbeitsentgelte zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Beklagte Arbeitsverdienste des Klägers in der Zeit vom 1. Februar 1978 bis 31. Dezember 1988 bei der Vergleichsberechnung nach § 307 b Abs. 3 des sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zu berücksichtigen hat.
Der 1928 geborene Kläger war unter anderem vom 7. August 1952 bis zum 31. Januar 1978 - zuletzt als Fregattenkapitän - in der nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR beschäftigt und Mitglied der Versorgungsordnung der nationalen Volksarmee. Nach Aufgabe dieser beruflichen Tätigkeit bezog er zunächst vom Februar 1978 bis Januar 1989 eine Übergangsrente aus der Sonderversorgung der Angehörigen der nationalen Volksarmee (vergleiche Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)). Zudem war der Kläger ab dem 1. Februar 1978 als Bereichsleiter bei der MHO S. beschäftigt. Mit Bescheid vom 8. Februar 1989 wurde dem Kläger ab dem 1. Februar 1989 eine Invalidenrente nach der oben genannten Versorgungsordnung der NVA ab dem 1. Februar 1989 gewährt. Diese Invalidenrente leistete die Beklagte mit Wirkung vom 1. Januar 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1. Februar 1993 gewährte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente nach den Vorschriften des SGB VI. Bei der Berechnung der Regelaltersrente berücksichtigte die Beklagte auch die Entgelte ab 1. Februar 1978, die über 600,00 Mark lagen, und die der Kläger nicht über die FZR versichert hatte, als "Überentgelte" gemäß § 256 a Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Aufgrund des Ausscheidens aus dem Sonderversorgungssystem der ehemaligen NVA mit Vorsorgungsansprüchen war dem Kläger ein Beitritt zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) verwehrt gewesen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 14. Oktober 2004 wurde die Beklagte verurteilt, die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung einer Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes neu festzustellen.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2006 führte die Beklagte unter anderem diese Vergleichsberechnung nach § 307 b Abs. 3 SGB VI durch und legte für die Rentenberechnung - wie zuvor - Entgeltpunkte in Höhe von 68,397 zugrunde. Aus der Vergleichsberechnung nach § 307 b Abs. 3 SGB VI ergaben sich für den Kläger Entgeltpunkte in Höhe von 53,2885. Bei der Vergleichsberechnung stellte die Beklagte auf den 20-Jahreszeitraum vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1988 ab. Im Zeitraum vom 1. Januar 1969 bis Ende Februar 1971 berücksichtigte sie hierbei 7.200,00 Mark jährlich beziehungsweise 600,00 Mark monatlich. Im Zeitraum vom 1. März 1971 bis 31. Januar 1978 berücksichtigte die Beklagte die mit Überführungsbescheid des Sonderversorgungsträgers festgestellten Entgelte. Für den - allein hier streitigen - Zeitraum vom 1. Februar 1978 bis 31. Dezember 1988 berücksichtigte die Beklagte hingegen bei der Vergleichsberechnung Entgelte nur insoweit, als der Kläger dafür tatsächlich Versicherungsbeiträge zur Sozialversicherung der ehemaligen DDR gezahlt hatte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, die im Versicherungsverlauf ausgewiesen beziehungsweise im Rahmen der gewährten Altersrente nach den Vorschriften des SGB VI berücksichtigten Verdienste für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis ...