Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgungssystem des ehemaligen MfS/AfNS. Begrenzung der Entgelte nach § 7 AAÜG. Rentenbescheid. Bestandskraft
Orientierungssatz
1. Die Durchbrechung der Bestandskraft eines Rentenbescheids ist allein durch einen Antrag nach § 44 SGB 10 möglich. Eine andere gesetzliche Vorschrift, die etwa die Bestandskraft des Bescheids „aufheben“ würde, existiert nicht. Dies ist weder der Entscheidung des BVerfG vom 28.4.19991 - BvR 1926/96 ua = BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6 noch den nachfolgenden Entscheidungen des BSG (vgl BSG vom 14.5.2003 - B 4 RA 65/02 = SozR 4-8570 § 6 Nr 1) zu entnehmen. Auch die Vorschrift des § 79 Abs 2 BVerfGG stellt keine Sonderregelung dar.
2. Das BVerfG hat keine Entscheidung dahingehend getroffen, dass der Gesetzgeber etwa verpflichtet wäre, auch zeitlich der Entscheidung nachfolgende bestandskräftig gewordene Rentenbescheide zumindest außerhalb des 4-Jahreszeitraumes des § 44 Abs 4 SGB 10 zurückzunehmen und entsprechende Rentenleistungen nachträglich zu gewähren (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - BvR 1926/96 aaO).
3. Mit der Neufassung des § 7 AAÜG iVm Anl 6 des AAÜG durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz (juris: AAÜGÄndG 2) vom 27.7.2001 sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG umgesetzt worden (vgl BSG vom 29.1.2004 - B 4 RA 24/03 = BSGE 92, 105 = SozR 4-8570 § 7 Nr 1). Die Vorschriften dieses Gesetzes enthalten keine Ausnahmeregelung im Hinblick auf die „Durchbrechung“ der Bestandskraft eines Rentenbescheides außerhalb der Regelungen des § 44 SGB 10.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 09. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung höherer Hinterbliebenenrente für den Zeitraum vom 20. Juni 1998 bis 30. April 1999 streitig.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Rentenbescheid vom 28. Juli 1998 eine sog. große Witwenrente aus der Versicherung ihres 1998 verstorbenen Ehemannes (nachfolgend: Versicherter).
Gegen diesen Rentenbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, dass für die Zeit der Zugehörigkeit des Versicherten zum Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit der DDR dessen Entgelte nur „gekürzt“ berücksichtigt würden. Hierdurch würde die ihr gewährte Witwenrente vermindert. Dies sei verfassungswidrig. Das Widerspruchsverfahren könne bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ruhen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie führte u.a. aus, sie sei nach den Vorschriften des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) an die geltenden Feststellungen des für die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständigen Versorgungsträgers gebunden.
Hiergegen erhob die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin (AZ S 1 RJ 69/99) unter dem 26. März 1999 Klage und führte zur Begründung u.a. aus, die Beklagte habe gegen das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses verstoßen. Während des anhängigen Klageverfahrens berechnete die Beklagte durch Rentenbescheid vom 01. September 1999 zunächst die der Klägerin gewährten Witwenrente neu, da eine Entgeltbescheinigung für die Zeit des Grundwehrdienstes des Versicherten übersandt wurde und diese Zeit bei der Berechnung der Witwenrente noch keine Berücksichtigung gefunden hatte.
Mit Schreiben vom 03. April 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihre Rente aufgrund eines Änderungsbescheides des Versorgungsträgers (Bundesverwaltungsamt) neu zu berechnen und nebst Zinsen nachzuzahlen. Die Beklagte wies zunächst darauf hin, dass eine Neufeststellung der Rente durch sie derzeit nicht möglich sei, da in Fällen, in denen zwar der Überführungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes am 28. Juli 1999 rechtskräftig gewesen sei, nicht jedoch der Rentenbescheid, die Rentenfeststellung technisch noch umgesetzt werden könne. Die Klägerin übersandte daraufhin den Änderungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 15. November 1999, mit dem diese ihren Bescheid von Dezember 1996 mit Wirkung vom 28. April 1999 dahingehend abänderte, dass das während der Zugehörigkeit des Versicherten zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit erzielte Arbeitsentgelte nunmehr bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittseinkommens im Beitrittsgebiet berücksichtigt werde. Zur Begründung wurde auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (1 BvL 11/04) hingewiesen, wodurch entschieden worden sei, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 6 zum AAÜG verfassungswidrig und nichtig sei, soweit für die Rentenberechnung das zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jew...