Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschiedenenrente im Beitrittsgebiet

 

Orientierungssatz

§ 243a SGB 6 verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach ihrem geschiedenen, ... 1997 verstorbenen früheren Ehegatten, Wilhelm Z.

Die Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen früheren Ehegatten Wilhelm Z wurde nach 20 Ehejahren mit Urteil des Kreisgerichtes Stralsund am 05. August 1963 rechtskräftig geschieden. Unterhaltsansprüche wurden der Klägerin seinerzeit nicht zugesprochen. Die Klägerin und der Versicherte lebten bis zu ihrer Ehescheidung im Jahre 1963 im Gebiet der ehemaligen DDR. Die Klägerin siedelte im Jahre 1972 in das alte Bundesgebiet über und zog sodann wiederum im Dezember 1997 nach S.

Am 08. Oktober 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente an den geschiedenen Ehegatten. In einer Anlage zum Antrag auf Witwenrente vom 30. November 1998 führte die Klägerin unter anderem aus, der Versicherte hätte keine Unterhaltsabfindung oder Unterhaltsvorauszahlung geleistet, da beide Ehegatten das gleiche Einkommen gehabt hätten. Der Versicherte sei nach dem Recht der DDR nicht zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Sie hätte seinerzeit auf Unterhalt verzichtet, weil der Ehemann dies von ihr verlangt hätte. Der Versicherte hätte zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe Arbeitslohn als Lagerverwalter in Höhe von ca. 400,00 Mark gehabt. Der Versicherte sei zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe dem gemeinsamen Sohn (Lehrling bei der Post) zu einem monatlichen Unterhaltsbetrag von 150,00 Mark verpflichtet gewesen. Die Klägerin hätte zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit als Tailliererin in Höhe von ca. ebenfalls 400,00 Mark gehabt.

Mit Bescheid vom 25. Februar 1999 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin zurück und führte unter anderem zur Begründung aus, gemäss der Regelung des § 243a SGB VI sei § 243 SGB VI nicht anzuwenden, wenn sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Recht richte, das im Beitrittsgebiet gegolten hätte. Die Ehe sei ... 1963 rechtskräftig geschieden worden. Bei Todesfällen in der Zeit vom 29. November 1955 bis einschließlich 30. September 1990 (Todesfall hier ... 1997) sei das besondere Unterhaltsrecht der ehemaligen DDR anzuwenden, wenn beide Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet gehabt hätten. Das sei bei der Klägerin und ihrem verstorbenen früheren Ehemann der Fall gewesen. Zwar sei ihr geschiedener Ehemann erst ... 1997 verstorben, aber bei Todesfällen ab 03. Oktober 1990 könne ein Wandel des zuvor geltenden maßgeblichen Personalstatus nicht mehr eintreten. Auch bei einem Wohnsitz zum Zeitpunkt des Todes in der heutigen Bundesrepublik gelte gemäss Art. 234 § 5 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) das alte Unterhaltsrecht der Ex-DDR. Ein Unterhaltsanspruch aus der geschiedenen Ehe hätte sich nur aus § 29 ff. des Familiengesetzbuches der DDR vom 20. Dezember 1965 ergeben können. Eine solche Regelung liege jedoch zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht vor. Eine Anwendung des § 243 SGB VI sei danach ausgeschlossen und eine Witwenrente an vor dem 01. Juli 1977 geschiedene Ehegatten könne nicht gewährt werden.

Dagegen legte die Klägerin am 19. März 1999 Widerspruch ein und führte unter anderem zur Begründung aus, dass der Wohnsitz der geschiedenen Ehefrau zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten am 12. Januar 1997 in S in Westdeutschland und zwar in B gewesen sei. Sie hätte vom 01. August 1973 bis zum Ortswechsel nach S im Jahre 1997 in B ihren Wohnsitz gehabt. Außerdem empfinde sie es als Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung, dass sie keine Witwenrente erhalte. Der Verzicht auf Unterhalt werde von ihr widerrufen.

Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28. Mai 1999 wies diese den Widerspruch der Klägerin zurück und führte unter anderem zur Begründung aus, die gesetzliche Regelung des § 243a Satz 1 SGB VI schließe einen Anspruch auf Witwenrente an den geschiedenen Ehegatten nach § 243 SGB VI aus, wenn sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Recht richte, das im Beitrittsgebiet gegolten hätte; diese Vorschrift verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (BSGE vom 29.08.1996 -- 4 RA 73/95).

Das vom Ehegesetz 1946 abweichende Unterhaltsrecht im Beitrittsgebiet bestünde seit 1955.

Es würden

--  vom 29. November 1955 -- in Berlin (Ost) vom 08.12.1955 bis zum 31.03.1966 die Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung (Ehe-VO) vom 24. November 1955 und

--  ab dem 01. April 1966 -- das Familiengesetzbuch der DDR (FGB) vom 22.12.1965 gelten.

Hätten die früheren Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten den unterschiedlichen Rechtsordnungen der Bundesrepublik Deutschland und der früheren DDR (Fälle der interlokalen Rechtskollision) unterlegen, so sei für die Frage, nach welchem Recht der Unterhaltsanspruc...

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