Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit von Heizungskosten bei Ölheizungen. Leistungsausschluss für Studenten. besonderer Härtefall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung kann nur unter Betrachtung eines längeren Zeitraumes sachgerecht ermittelt werden. Insbesondere bei einer Beheizung durch Heizöl kann die Angemessenheit nicht anhand der Kosten überprüft werden, maßgebend ist vielmehr der Verbrauch.

2. Bei einer Beheizung durch Heizöl ist es sinnvoll, den Bedürftigen die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten und nicht auf monatliche Abschläge oder Pauschalen zu verweisen. Weder ist die Zahlung für die Zeit vor Beschaffung des Heizöls sachgerecht (hier sind noch gar keine tatsächlichen Aufwendungen iS vom § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 angefallen), noch der Verweis auf spätere monatliche Zahlungen, weil die Aufwendung bereits mit Beschaffung des Heizöls entstanden ist.

3. Es ist ein Gebot wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit Haushaltsmitteln, Leistungsempfänger in Niedrigpreiszeiten aufzufordern, sich Heizöl zu besorgen und die Kosten dann vollständig zu erstatten.

 

Orientierungssatz

Zum Vorliegen eines besonderen Härtefalls iS von § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 und zur Gewährung eines Darlehens für die Anschaffung von Heizöl.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1. wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. November 2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern zu 2. bis 5. vorläufig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - anstelle laufender Leistungen für Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2005 bis 30. August 2006 einen Betrag von insgesamt 1.200,00 € zu gewähren. Bereits gezahlte Leistungen (600,00 € gemäß Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. November 2005 sowie 217,60 € laufende Leistungen für die Monate September bis Dezember 2005) sind hiervon in Abzug zu bringen.

Die Antragsgegnerin wird weiter im Wege vorläufigen Rechtschutzes verpflichtet, der Antragstellerin zu 1. ein Darlehen in Höhe von 300,00 € zweckgebunden zur Anschaffung von Heizöl zu gewähren. Das Darlehen wird in monatlichen Raten von 50,00 € von dem der Antragstellerin zu 1. gewährten Mehrbedarf wegen Alleinerziehung, beginnend ab März 2006 zurückgezahlt.

Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Antragsteller begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zur Beschaffung von Heizöl.

Die 1961 geborene Antragstellerin zu 1. lebt mit ihren vier minderjährigen Kindern im Alter zwischen drei und zwölf Jahren zur Miete in einem 1928 gebauten Einfamilienhaus. Die Wohnfläche beträgt 85 qm, geheizt wird mit Öl, die Warmwasserversorgung ist ebenfalls über die Ölheizung möglich. Nach dem im April 2002 geschlossenen Mietvertrag ist der Heizöltank bei Mietbeginn im Juli 2002 gefüllt gewesen, nach Angaben der Antragstellerin zu 1. mit etwa 4.000 Litern. Bisher ist Heizöl im Oktober 2003 (3.008 Liter), Oktober 2004 (1.000 Liter), Februar 2005 (895 Liter) sowie November 2005 (1.100 Liter) nachgekauft worden. Nach Angaben der Antragstellerin zu 1. ist der Tank seit dem 28. Januar 2006 leer. Derzeit wird ein Zimmer des Hauses durch einen Kamin mit Holzfeuerung erwärmt. Auf die gleiche Art und Weise wurde auch zeitweise vor dem Nachkauf von Heizöl das Haus geheizt.

Die Kaltmiete für das Haus beträgt nach dem Mietvertrag vom April 2002 435,00 € zuzüglich Kosten für Wasser und Abwasser in Höhe von 38,00 € sowie Abfall- und Schornsteinfegergebühren von 12,83 €. Ab 1. Oktober 2005 soll die Miete nach einem von der Antragstellerin zu 1. vorgelegten und im Auftrag des Vermieters unterschriebenen Schreiben 500,00 € zuzüglich 15,90 € Müllgebühren und 5,20 € Schornsteinfegergebühren betragen; Wasser- und Abwasserkosten sind auf dem handschriftlichen Zettel nicht enthalten.

Die alleinerziehende Antragstellerin zu 1. ist derzeit im 20. Hochschultrimester in der Studienrichtung Therapiebildende Kunst an der Fachhochschule in J. immatrikuliert. Sie erhält Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von insgesamt 521,00 € monatlich. Von der Antragsgegnerin erhalten die Antragsteller zu 2. bis 5. jeweils Sozialgeld nach dem SGB II sowie anteilige Leistungen für Unterkunft und Heizung; die Antragstellerin zu 1. erhält von der Antragsgegnerin Leistungen für Mehrbedarf als Alleinerziehende. Der monatliche Zahlbetrag betrug bis einschließlich August 2005 insgesamt 564,00 €, der sich wie folgt zusammensetzte: Bedarf der Antragstellerin zu 1. 166,00 €, Bedarf der Antragsteller zu 2. bis 5. jeweils 207,00 €, Miete inklusive Nebenkosten und Abwasser 396,96 € (4/5 der tatsächlichen Kosten) sowie Heizungskosten in Höhe von 68,00 € (ebenfalls 4/5 der von der Antrag...

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