Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten. selbst genutztes Hausgrundstück. verfassungskonforme Auslegung. Vermögensberücksichtigung
Leitsatz (amtlich)
Als Vergleichsmaßstab für die Angemessenheit der Unterkunftskosten iS des § 22 Abs 1 SGB 2 kann bei einem geschützten Eigenheim iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 nicht allein auf die Miete einer Wohnung abgestellt werden, die sonst für die Bedarfsgemeinschaft angemessen wäre.
Orientierungssatz
Aus der Formulierung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 ergibt sich, dass sich die Angemessenheit eines selbst genutzten Hausgrundstücks bei der Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens allein nach der Größe bzw Wohnfläche ergibt. Der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Größe iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2 ist nach der nach WoBauG 2 als angemessen angesehenen Größe auszulegen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aurich vom 2. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob statt der von dem Antragsgegner als angemessen angesehenen Unterkunftskosten die tatsächlich höheren Unterkunftskosten für ein selbst genutztes Eigenheim der Antragsteller bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu berücksichtigen sind.
Der 1958 geborene Antragsteller zu 1) und die 1963 geborene Antragstellerin zu 2) sind verheiratet; in ihrem Haushalt lebt ihre 1992 geborene Tochter, die die Hauptschule besucht. Der Antragsteller zu 1) hat nach seinem Vorbringen im Jahre 1995 einen Unfall erlitten, als dessen Folge er an einem Tinnitus leidet. Für die Antragstellerin zu 2) hat der Arzt E. unter dem 5. Januar 2006 folgendes Attest ausgestellt: “Hiermit wird bescheinigt, dass die oben genannte Patientin aus gesundheitlichen Gründen auf ein eigenes Schlafzimmer angewiesen ist". Der Antragsteller zu 1) bezog bis zum April 2000 Arbeitslosengeld (Alg); nach Erschöpfung seines Anspruchs bezog er in der Folgezeit bis zum Ende Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die Antragsteller erwarben im Frühjahr 1999 als Neubau eine Doppelhaushälfte auf einem circa 530 qm großen Grundstück. Die Wohnfläche des Hauses beträgt 117 qm, eine weitere Nutzfläche von 20 qm ist vorhanden. In einer früheren Wohnflächenberechnung für Leistungen nach dem Wohngeldgesetz wurde von einer Gesamtquadratmeterfläche von circa 149 qm ausgegangen. Das Haus wurde im September 1999 bezugsfertig und besteht aus vier Zimmern, einer Küche, einem Bad sowie Nebenräumlichkeiten. Zum Erwerb des Hausgrundstücks nahmen die Antragsteller drei Darlehen in Höhe von insgesamt 264.000,00 DM (= circa 135.000,00 €) auf. Für diese Darlehen ist monatlich ein Zins von 276,95 €, 20,06 € und 277,22 € (insgesamt 574,80 €) fällig. Die Eigenheimzulage für den Zeitraum von 1999 bis 2006 in Höhe von circa 3.323 € jährlich haben die Antragsteller an eine große Bausparkasse abgetreten, bei der sie einen Bausparvertrag unterhalten, der nach ihrem Vorbringen zum Ende des Jahres 2004 mit circa 22.225,00 € valutierte. Bei der zu erwartenden Fälligkeit des Bausparvertrages im September 2006 soll der dann auszuzahlende Betrag zur teilweisen Tilgung eines der Darlehen eingesetzt werden. Außerdem haben die Antragsteller angegeben, dass eine im Jahre 2024 auszahlbare Kapitallebensversicherung mit der F. AG zur Sicherheit und Tilgung der Kreditverbindlichkeiten an die darlehensgewährende Bank abgetreten worden sei. Seit dem Februar 2005 bezieht die Antragstellerin 2) aus einer Nebentätigkeit in einer Bäckerei monatliche Einkünfte in Höhe von circa 100,00 €.
Auf den Antrag des Antragstellers zu 1) vom 26. Oktober 2004, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, gewährte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20. November 2004 für den Bewilligungszeitraum vom Januar bis zum Mai 2005 den Antragstellern Leistungen in Höhe von monatlich 1.372,97 €. In diesem Bescheid legte der Antragsgegner monatliche Regelleistungen in Höhe von insgesamt 829,00 € und Kosten der Unterkunft in Höhe von 697,97 € zugrunde. Bei der Berechnung der Unterkunftskosten setzte er monatlich insgesamt Leistungen für Zinsen in Höhe von 572,88 € an und berücksichtigte außerdem Nebenkosten in Höhe von monatlich 73,80 € sowie Kosten der Heizung in Höhe von 51,35 €. Zugleich war in diesem Bescheid der Hinweis enthalten, dass ab 1. Juli 2005 nur noch Kosten der Unterkunft in Höhe eines angemessenen Betrages von monatlich 355,00 € (Kaltmiete inklusive Nebenkosten) berücksichtigt werden könnten.
Auf den Folgeantrag des Antragstellers vom 20. Mai 2005 gewährte die im Auftrage des Antragsgegners handelnde Samtgemeinde G. mit Bescheid vom 23. Mai 2005 für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis 30. November 2005 monatlich Leistungen in Höhe von 804,00 €. Für den Monat Juni 2005 wurde mit Bescheid vom gleichen Tage noch ein Leistungsbetr...