Entscheidungsstichwort (Thema)

Heizungskosten eines Eigenheims. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit. keine Pauschalierung. Durchschnittswert. Vorauszahlungsfestsetzung. Begrenzung auf den Anteil der angemessenen Wohnfläche einer Mietwohnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Pauschalierung von Heizungskosten orientiert an Durchschnittswerten der Ausgaben anderer Hilfeempfänger ist regelmäßig unzulässig.

2. Durchschnittswerte können nur ein Anhaltspunkt für die Frage sein, ob im konkreten Einzelfall möglicherweise Heizenergie verschwendet wird.

3. Für die Vorauszahlungsfestsetzungen der örtlichen Energieversorgungsträger spricht zunächst die Vermutung der Angemessenheit.

4. Im Regelfall besteht für eine Begrenzung der Heizungskosten des Eigenheims auf den Umfang, wie er in einer lediglich (kleineren) angemessenen Mietwohnung anfiele, kein sachlicher Grund.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 2. Mai 2007 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einsteiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - für die Zeit ab 6.November2006 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über ihre Klage vom 21. Juli2006 vor dem Sozialgericht Stade zum Az. S8AS438/06 - längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten von heute an - laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (zusätzlich zu den bereits gewährten Leistungen) in Höhe von monatlich 132,00€ zu gewähren.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtzügen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der zu übernehmenden Heizungskosten für das den Antragstellern gehörende und von ihnen bewohnte Einfamilienhaus.

Der im Juli 1953 geborene Antragsteller zu 1. und die im Februar 1955 geborene Antragstellerin zu 2. sind verheiratet und Eigentümer eines im Jahre 1979 bezugsfertig gewordenen, von ihnen im Jahre 1990 erworbenen Einfamilienhauses zur Größe von etwa 100 qm Wohnfläche, welches auf einem etwa 500 qm umfassenden Grundstück errichtet worden ist. Das Haus verfügt nach Angaben der Antragsteller über ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, Küche und Bad, ein Gäste-WC und einen Büroraum; die Beheizung erfolgt durch eine Gaszentralheizung. Die Antragsteller haben im hier interessierenden Bewilligungszeitraum einen monatlichen Abschlag für den Bezug von Gas an den örtlichen Energieversorgungsträger in Höhe von 189,00 € zu zahlen. Der Antragsteller zu 1. ist selbstständig als Alarmanlagentechniker berufstätig; nach seinem Vorbringen erwirtschaftet er schon seit Jahren nur sehr geringe oder gar keine Einkünfte aus dieser Tätigkeit. Die Antragstellerin zu 2. bezog bis zum Ende November 1999 Arbeitslosengeld von der Arbeitsverwaltung und war anschließend zeitweise berufstätig. Spätestens ab dem Juli 2004 erhielten die Antragsteller laufende (ergänzende) Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes.

Auf ihren Antrag hin bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern ab dem 1. Januar 2005 laufende ergänzende Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 13. Dezember 2004). Dabei wurden zunächst bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft diese auf der Bedarfsseite in dem Umfang zugrunde gelegt, wie sie von den Antragstellern dargelegt worden waren (Bewilligungsbescheid vom 10. Mai 2005, Änderungsbescheid vom 16. Juni 2005 und weiterer Änderungsbescheid vom 16. Juni 2005). Die Antragsgegnerin forderte die Antragsteller mit Schreiben vom 12. September 2005 auf, ihre Unterkunftskosten - insbesondere im Hinblick auf die Heizungskosten - bis zum Ende des Jahres 2005 zu senken.

Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller, der am 18. November 2005 einging, bewilligte die Antragsgegnerin ihnen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2006 weiterhin laufende Leistungen, wobei jedoch auf der Bedarfsseite bei den Kosten der Unterkunft neben einer als angemessen angesehenen "Kaltmiete" von 395,00 € monatlich (gegenüber höheren Zinsbelastungen der Antragsteller für die Grundstücksdarlehen) lediglich Heizkosten in Höhe von 57,00 € monatlich in Ansatz gebracht wurden. Dagegen legten die Antragsteller mit einem am 3. Februar 2006 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein, der von der Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2006 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen haben die Antragsteller am 21. Juli 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stade erhoben (Az.: S 8 AS 438/06), über die - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden worden ist.

Auch für den danach folgenden Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 verfuhr die Beklagte bei der Berechnung der Unterkunftskosten in der oben dargestellten Weise (Bescheid vom 29. Juni 2006). Über den dagegen eingelegten Widerspruch wurde - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden.

Am 6. November 2006 haben sich die Antragsteller an das SG Stade mit der Bitte um Gewährung vorläufigen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge